DGB NRW
Am 29. Mai 2018 jährt sich zum 25. Mal der Brandanschlag auf das Wohnhaus der Familie Genç in Solingen. Fünf Menschen verloren bei diesem feigen, rassistischen Anschlag ihr Leben. Am Vorabend des Jahrestages luden der Deutsche Gewerkschaftsbund Nordrhein-Westfalen und der Landesintegrationsrat NRW mit Unterstützung der Stadt und des Integrationsrats Köln zu einer zentralen Gedenkveranstaltung ins Forum der Volkshochschule Köln.
Gleich zu Beginn der Veranstaltung erneuerte Mevlüde Genç – Mutter, Großmutter und Tante der Todesopfer – ihren Appell für ein friedliches Zusammenleben, Mitmenschlichkeit und Verbundenheit in Vielfalt. Trotz ihres Verlusts rief Genç damals wie heute dazu auf, nicht Wut und Hass zu erliegen, sondern gemeinsam eine friedliche Gesellschaft zu schaffen und solidarisch zusammenzustehen. Alle Rednerinnen und Redner äußerten Bewunderung und Respekt für diese Größe und ihren Beitrag zu einer friedlichen Gesellschaft.
Repressive Politik verstärkt Rassismus
DGB-Bezirksvorsitzende Anja Weber erinnerte in ihrem Grußwort daran, dass der Anschlag sich aus dem aufgeheizten politischen Diskurs der Wiedervereinigung ergab. Auch nachdem das Grundrecht auf Asyl in Deutschland massiv eingeschränkt wurde, blieb diese Stimmung bestehen: „Nur drei Tage nach dem sogenannten ‚Asylkompromiss‘ starben in Solingen fünf Menschen, 17 weitere wurden verletzt. Die deutliche Einschränkung des Grundrechts auf Asyl nahm Forderungen der Rechtsextremisten auf und setzte sie in Politik um. Das zeigt uns auch heute: repressive Politik, die die Forderungen der Rechten aufgreift, wirkt eben nicht gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung. Sie verstärkt sie viel mehr. Sie gibt Stimmungen und Menschen Auftrieb, die sich so als verlängerter Arm eines angeblichen ‚Volkswillens‘ begreifen und aus rassistischen Beweggründen morden, die Angst und Ressentiments schüren, um daraus politisch Kapital zu schlagen. Dem treten wir offensiv entgegen!“, so Weber.
"Demokratie braucht selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger"
Demokratie, so die DGB-Bezirksvorsitzende, sei kein Zuschauersport. Es brauche selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger, die Tag für Tag für sie einstehen. Die Qualität von Demokratie erschöpfe sich nicht in Wahlen, sondern zeige sich darin, wie Menschen in diesem Land miteinander umgehen.
Minister lobt Integrationsräte und Gewerkschaften
Dr. Joachim Stamp, stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW, dankte Integrationsräten und DGB NRW für die Arbeit gegen Rassismus und Ausgrenzung. Minister Stamp signalisierte dem Landesintegrationsrat, dass man für die Reformierung der Integrationsräte eine gemeinsame Lösung fände.
Rassismus in Gesellschaft gestiegen
Prof. Dr. Andreas Zick, Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, zeichnete in einem persönlichen Vortrag die gesellschaftliche Gemütslage 1993 und heute auf Basis der Einstellungsforschung nach. Er betonte, dass die rassistischen Einstellungen und die Ablehnung von Geflüchteten nicht etwa rückläufig sind, sondern vielmehr in NRW stabil bleiben und teilweise leicht ansteigen. Hier bleibt ein großer Handlungsbedarf.
"Der Kampf gegen Rassismus darf niemals aufhören"
In der abschließenden Diskussionsrunde wurden insbesondere die Kontinuitäten rechtsextremer Gewalt deutlich, immer wieder Verbindungen zu der rechtsextremen Mordserie des „Nationalsozialitischen Untergrunds“ herausgearbeitet. Kai Venohr, stellvertretender Vorsitzender des gewerkschaftlichen Vereins Gelbe Hand / Mach meinen Kumpel nicht an e. V., der schon seit 1986 gegen Rassismus auch in den Betrieben kämpft, umriss in der Podiumsdiskussion in wenigen Worten, was Aufgabe aller sein müsse: „Wir sagen immer, so etwas darf nie wieder passieren. Aber vor allem: Der Kampf gegen Rassismus darf niemals aufhören.“