Die NRZ beschäftigt sich in ihrer heutigen Ausgabe mit den aktuellen Streiks und dem Streikrecht und lässt dabei auch unsere Vorsitzende Anja Weber zu Wort kommen:
Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW, findet es wichtig, dass die Gewerkschaften derzeit offensiv in die Tarifrunden gehen. „Tarifverträge sind der beste Schutz gegen Armut und Ungerechtigkeit. Nur mit ihnen gibt es einen fairen Lohn und gute Arbeitsbedingungen“, erklärt sie. In Zeiten der Inflation sorgen Gewerkschaften dafür, dass die Krisenlasten nicht einseitig auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen werden, so die DGB-Chefin. „Das ist auch für die Wirtschaft gut, da Konjunktur und Kaufkraft gesichert werden.“ Für sie ist klar: „Das System der Tarifautonomie funktioniert nur, wenn im Zweifelsfall gestreikt werden kann. Das haben wir zuletzt zum Beispiel bei der Deutschen Post und im Öffentlichen Dienst gesehen: Nach harten Verhandlungen und mit Hilfe von Warnstreiks konnten gute Kompromisse erzielt werden, die zu mehr Gerechtigkeit für die Beschäftigten führen.“ Ohne ein ernsthaftes Streikrecht seien Gewerkschaften in Tarifverhandlungen zahnlose Tiger, gibt Weber zu bedenken. „Das kann niemand ernsthaft wollen.“ Deutschland hat wenig Streiktage Zudem sei das Streikrecht in Deutschland sowieso stark eingeschränkt. „In Frankreich finden Streiks wegen der Rentenreform statt. Bei uns sind solche politischen Streiks nicht vorgesehen“, sagt Weber. Auch gebe es klare Regeln zur Friedenspflicht. Viele Tarifverträge sähen außerdem Schlichtungsverfahren vor, bevor es zum Streik komme. „Auch deshalb ist Deutschland eins der Länder in Europa mit den wenigsten Streiktagen im Jahr“, so die DGB-Chefin. „Wenn jetzt Forderungen der Arbeitgeberseite nach einer Einschränkung des Streikrechts zu hören sind, ist das also völlig unangebracht. Das ist nicht nur der Versuch, in die Rechte der Gewerkschaften einzugreifen, sondern die Beschäftigten mundtot zu machen.“