DGB NRW
Brauchen wir einen Kurswechsel in der Rentenpolitik? Darüber diskutierten die Düsseldorfer Bundestagskandidaten von CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen, Die Linken und FDP mit Mitgliedern aus Gewerkschaften und Betriebsräten am 6. September 2017 im Arthur-Hauck-Saal des DGB NRW. Eingeladen hatte der DGB Düsseldorf-Bergisch Land. Ihr Gewerkschaftssekretär Klaus Churt moderierte die Veranstaltung.
Das gesetzliche Rentenniveau gibt das Verhältnis zwischen der sogenannten Standardrente und dem durchschnittlichen Arbeitseinkommen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an. Die Standardrente entspricht einer Rente, die Beschäftigte nach 45 Jahren Arbeit zu durchschnittlichem Lohn bekommen, wenn sie ohne Abschläge in Rente gehen. Für 2016 beträgt die verfügbare Standardrente 1.200 Euro und das verfügbare Durchschnittsentgelt 2.505 Euro (vorläufige Werte). Das gesetzliche Rentenniveau "netto vor Steuern" liegt 2016 also bei etwa 47,9 Prozent (vorläufiger Wert).
Der Einladung gefolgt war auch Annelie Buntenbach vom Bundesvorstand des DGB. In einem kurzen Impulsvortrag stellte sie die grundlegenden Probleme der aktuellen Rentenpolitik dar: das sinkende Rentenniveau, das steigende Renteneintrittsalter und die immer weiter verbreitete Altersarmut. "Diese Republik braucht mehr soziale Gerechtigkeit und einen Kurswechsel in der Rentenpolitik", so Annelie Buntenbach.
Jeder Kandidat hatte nun fünf Minuten Zeit, um seinen Standpunkt zur Rentenpolitik darzulegen. Danach stellten sie sich den Fragen des Publikums. Die Unterschiede in den Rentenkonzepten der fünf Parteien wurden schnell deutlich. Hier die Positionen der Parteien im Überblick:
Thomas Jarzombek zieht eine positive Bilanz der bisherigen Rentenpolitik der Bundesregierung: "Die guten Beschäftigungsverhältnisse und das Sinken der Arbeitslosenzahlen konnten das Rentenniveau verbessern." Die CDU hält an der Rentenreform von 2007 fest. Das heißt: das Rentenniveau und die Rentenbeiträge bleiben bis zum Jahr 2030 wie bisher. Die Rente mit 67 bleibt Ziel der CDU. Für die Entwicklung der Rente nach 2030 sollen bis zum Jahr 2019 Vorschläge durch eine Rentenkommission entwickelt werden.
Andreas Rimkus stellte für die SPD das Rentenkonzept seiner Partei vor. Die SPD möchte das Sinken des Rentenniveaus stoppen und bei 48 Prozent stabilisieren. Der paritätisch gezahlte Beitrag von Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll nicht über 22 Prozent steigen. Das heißt, dass die Beschäftigten alleine langfristig nie mehr als elf Prozent ihres Bruttolohns einzahlen müssen. Das Rentensystem soll darüber hinaus ab Mitte der 2020er Jahre für eine Übergangszeit durch zusätzliche Steuermittel und eine Verbreiterung der Versichertenbasis stabilisiert werden, indem Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Die abschlagsfreie Rente soll wieder ab 65 Jahren gelten. Nach 40 Beitragsjahren soll die Rente mit 60 möglich sein.
Die Grünen wollen den ersten Schritt zu einer Bürgerversicherung gehen. Selbständige, Minijobber und Abgeordnete sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Später soll dies auch für Freiberufler und Beamte gelten. Auch die Grünen planen, das Rentenniveau auf seinem derzeitigen Stand zu stabilisieren. An der Rente mit 67 wollen sie zwar festhalten, aber gleichzeitig ab 60 Jahren flexible Altersteilzeitmodelle einführen. Der grüne Bundestagskandidat Uwe Warnecke stellte zudem noch weitere Zukunftsvisionen vor, die heute noch nicht im Wahlprogramm seiner Partei auftauchen: "Wir sollten auch darüber nachdenken, die Rentensysteme in Europa zu verknüpfen und durch internationale Verträge die Basis der Einzahlenden zu erhöhen. Das wäre auch ein wichtiger Schritt für eine aktive Friedenspolitik."
"Alle Erwerbstätigen sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen", erklärte Matthias Birkwald von der Linken. Das Rentenniveau soll auf 53 Prozent angehoben und eine solidarische Mindestrente von 1050 Euro eingeführt werden, auf die jeder Beschäftige Anspruch hat, auch wenn er weniger in die Rentenkasse eingezahlt hat. Die Riester-Rente soll abgewickelt und in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden. Wie die SPD fordert die Linke die abschlagfreie Rente für alle ab 65 Jahren sowie die Rente ab 60 Jahren nach 40 Jahren der Beitragszahlung.
Sebastian Rehne von der FDP plädierte für ein flexibles Rentensystem, in dem die Beitragszahler ihre Rente nach dem Baukastenprinzip aus privater, betrieblicher und gesetzlicher Rente frei gestalten können. Flexibilität forderte Rehne auch beim Renteneintrittsalter: "Ab 60 Jahren soll jeder selbst entscheiden können, wann er in Rente gehen möchte." Um die Rente auch in Zukunft zu sichern, setzt die FDP in erster Linie darauf, die private und betriebliche Rente attraktiver zu machen.
Für den DGB steht fest, dass eine sichere und solidarische Rente nur durch eine Stärkung der gesetzlichen Rente erreicht werden kann. Das Rentenniveau muss stabilisiert und mittelfristig angehoben werden. Um das zu finanzieren, müssen die Rentenbeiträge moderat angehoben werden. Die Menschen müssen wieder auf die gesetzliche Rente vertrauen können. Die private Altersvorsorge ist keine Alternative. Denn Beschäftigte mit geringem Lohn können sich eine private Vorsorge schlicht nicht leisten. Ein Kurswechsel in der Rentenpolitik ist dringend nötig. Nur so können sozialer Abstieg und Altersarmut verhindert werden.
Klicken Sie auf die Fotos, um sie zu vergrößern.
>> Interview mit Annelie Buntenbach
>> Mehr Infos zu den Renten-Forderungen des DGB rente-muss-reichen.de