Nachdem das Bundesministerium für Bildung und Forschung kürzlich Eckpunkte für ein neues Wissenschaftszeitvertragsgesetz vorgelegt hat, fordern Gewerkschaften, Beschäftigten- & Studierendenvertretungen in einer gemeinsamen Erklärung weitreichende Reformen.
Knapp ein Jahr nach Veröffentlichung des Evaluationsberichts zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), und nach einer Vielzahl von Stakeholdergesprächen (u.a. mit uns), hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein erstes Eckpunktepapier zur Reform des Gesetzes vorgelegt. Wir begrüßen diesen Schritt, sind aber inhaltlich enttäuscht: Die Vorschläge lindern allenfalls Symptome des Befristungssystems, versprechen aber keine Heilung.
Eine Festlegung angemessener, verbindlicher und konkreter Mindestvertragslaufzeiten, insbesondere für Erstverträge, und eine Eindämmung von Kettenverträgen sind wichtige Beiträge zur nötigen Reform. Doch in den vorgeschlagenen Kompromissen zu Höchstbefristungsgrenzen ist der ursprüngliche Grund für eine erneute Reform des Gesetzes in den Hintergrund getreten: die mangelnde Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren, sowohl vor als auch nach der Promotion.
Die ersten Reaktionen auf das Eckpunktepapier haben noch einmal klar gezeigt: Es bedarf einer umfassenden und gut durchdachten Strategie zur Schaffung von mehr Dauerstellen, fairen und geschlechtergerechten Beschäftigungsbedingungen und planbaren Berufswegen für Lehrende und Forschende im deutschen Wissenschaftssystem. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, bleibt aber weiter unklar, auch in vielen Beiträgen zur nun ausgebrochenen Debatte. Wir haben bereits letztes Jahr Eckpunkte vorgelegt, die einen ganzheitlichen, klaren Ansatz verfolgen und sowohl die Interessen der von uns vertretenen Beschäftigten als auch die Leistungsfähigkeit des Wissenschaftssystems berücksichtigen. Dieser Ansatz ist aktuell berechtigter denn je. Entgegen der häufig behaupteten Uneinigkeit über die nötigen Reformschritte ist noch einmal zu betonen, dass wir als breites Bündnis von Beschäftigtenvertretungen eine gemeinsame Position einnehmen.
Wir fordern…
Allgemein geht ein erheblicher Anteil der Befristungen auf die Finanzierung durch Drittmittel zurück. Ein derart großer Anteil ist weder im Sinne einer Qualifizierung noch im Sinne nachhaltiger Forschung, Lehre und Personalentwicklung. Dieses Problem lässt sich im Rahmen einer Novellierung des WissZeitVG nicht lösen. Stattdessen müssen Bund und Länder die Struktur der Hochschul- und Forschungsfinanzierung verändern und den Anteil der Grundfinanzierung deutlich erhöhen. Daneben sind die Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufgefordert, über Drittmittelpooling für mehr Dauerstellen auch im Drittmittelbereich zu sorgen.
Wir fordern das BMBF auf, seine Eckpunkte zu Leitlinien für eine umfassende Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Sinne unserer gemeinsamen Stellungnahme weiterzuentwickeln und zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzubereiten.
Die unterzeichnenden Organisationen:
bukof - Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen
DGB - Deutscher Gewerkschaftsbund
DGJ - Deutsche Gesellschaft für Juniorprofessur
fzs - freier zusammenschluss von student*innenschaften
GEW - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
N2 - Netzwerk von Promovierendennetzwerken
NGAWiss - Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft
respect science - RespectScience e.V.
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft