Deutscher Gewerkschaftsbund

24.08.2023

Damit der Traum vom Beruf nicht platzt!

Beschäftigte im öffentlichen Dienst brauchen gute Arbeitsbedingungen. Wir haben die Ideen dafür.

Unser gemeinsames Ziel: Ein attraktiver und zukunftsfähiger öffentlicher Dienst

Viele Kinder träumen davon, Polizistin, Feuerwehrmann oder Lehrerin zu werden. Und dennoch entscheiden sich später viel zu wenige von ihnen für einen Beruf im öffentlichen Dienst. Im Vergleich zur Privatwirtschaft ist der Arbeitgeber Staat oft weniger attraktiv – viele Stellen bleiben daher unbesetzt. Damit steht nicht nur die Wahrnehmung der Aufgaben im öffentlichen Dienst für Bürger*innen und Wirtschaft in Frage, auch das vorhandene Personal fährt schon seit Jahren auf Verschleiß.

Dabei sind die Beschäftigten das Herzstück des öffentlichen Dienstes: Sie sind täglich rund um die Uhr für uns da. Sie betreuen und unterrichten unsere Kinder in Kitas und Schulen, sie halten unsere Städte sauber und bringen uns mit Bus oder Bahn sicher ans Ziel. Im Notfall riskieren die Kolleg*innen von Polizei und Feuerwehr ihr Leben, um unser Leben zu schützen. Ohne die Mitarbeiter*innen in den Genehmigungsbehörden, in der Justiz oder bei den Finanz- und Jugendämtern ginge es in Land und Kommune nicht voran. Kurzum: Gute Lebensbedingungen, einen funktionierenden Sozialstaat und einen attraktiven Wirtschaftsstandort gibt es nur mit einem starken öffentlichen Dienst.

Der DGB NRW setzt sich daher gemeinsam mit seinen Mitgliedsgewerkschaften für einen attraktiven und zukunftsfähigen öffentlichen Dienst ein. Von der Landesregierung und anderen öffentlichen Arbeitgebern fordern wir: Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden! Sparmaßnahmen verbieten sich, wir brauchen einen finanziell und personell zukunftsfest ausgestatteten öffentlichen Dienst. Nur so wird es gelingen, auch in Zukunft ausreichend Fach- und Nachwuchskräfte zu gewinnen und das vorhandene Personal zu halten. Damit der Traum vom Beruf nicht platzt!

 

Unsere Forderungen

1. Bessere Bezahlung

Ein wesentlicher Punkt für mehr Attraktivität des öffentlichen Dienstes ist die Bezahlung. Die Anforderungen an die Beschäftigten werden immer komplexer, schwieriger und zum Teil sogar gefährlicher. Gleichzeitig nehmen Arbeitsverdichtung und der Grad an gesellschaftlicher Verantwortung zu. Das muss sich auch in besserer Bezahlung widerspiegeln! Hierfür setzen wir uns in Tarif- und Besoldungsrunden gegenüber den Arbeitgebern regelmäßig ein und haben gemeinsam schon viel erreicht.

Von der Landesregierung als Arbeitgeberin für die Tarifbeschäftigten der Länder fordern wir, dass sie sich für dauerhafte Einkommensverbesserungen in der Runde der Länder stark macht. Anschließend muss das erzielte Tarifergebnis ohne Abstriche auf die verbeamteten Beschäftigten im Land und in den Kommunen sowie auf die Pensionär*innen übertragen werden.

Bei der Besoldung und Versorgung der Beamt*innen in NRW gilt: Es muss Schluss sein mit Besoldungsminimalismus! Wir fordern eine vorausschauende Besoldungspolitik des Landes NRW, die sich nicht am Rande des verfassungsrechtlich Zulässigen bewegt, sondern durch dauerhaft attraktive Besoldungsstrukturen, Rechtssicherheit und Attraktivität für Nachwuchs- und Fachkräfte schafft.

 


Hier gibt es den Flyer "Damit der Traum vom Beruf nicht platzt!" zum Download (pdf)


 

2. Arbeitszeiten, die zum Leben passen

Der öffentliche Dienst muss moderne Arbeitszeitmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf bieten. Speziell die Wochenarbeitszeit von 41 Stunden für Beamt*innen in NRW ist im Wettbewerb um Nachwuchs- und Fachkräfte alles andere als attraktiv. Der DGB fordert daher von der Landesregierung, über Langzeitkonten endlich in die Abschaffung der 41-Stunden-Woche einzusteigen! Die 4 muss weg!

Langzeitkonten müssen darüber hinaus den Beschäftigten mehr Arbeitszeitsouveränität bringen, sie dürfen nicht in erster Linie als Steuerungsinstrument des Dienstherrn dienen. Wir fordern deswegen flexiblere Regelungen zur Nutzung angesparter Zeiten für die Beschäftigten. Zudem müssen Überstunden und Mehrarbeit über Langzeitkonten dauerhaft vor Verfall geschützt werden. Über einen Ruhestandskorridor sollten Beschäftigte individuell den Beginn des Ruhestandes planen können.

Moderne Arbeitsformen wie mobiles Arbeiten müssen im öffentlichen Dienst weiter ausgebaut werden. Dies erfordert nicht nur die Bereitstellung adäquater und moderner Arbeitsmittel für die Beschäftigten und ihre Personalvertretungen, sondern auch einen landesweiten Mindestordnungsrahmen. Damit Gesundheits- und Arbeitsschutzstandards gewährleistet sind und Überstunden, Mehrarbeit und ständige Erreichbarkeit eingedämmt werden.

3. Gleichstellung und Vielfalt verwirklichen

Obwohl 59 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst weiblich sind, sind Frauen in den höheren Besoldungs- und Entgeltgruppen deutlich unterrepräsentiert. Männer im öffentlichen Dienst haben immer noch bessere Chancen auf Beförderungen und bessere Aussichten auf einen Führungsposten als ihre weiblichen Kolleginnen. Das muss sich ändern!

Aber nicht nur Frauen sind im öffentlichen Dienst benachteiligt, auch für andere Personengruppen mangelt es noch häufig an wirksamen Antidiskriminierungs- und Förderungskonzepten. Öffentliche Arbeitgeber müssen sich stärker für ein diskriminierungsfreies und vielfältiges Arbeitsumfeld einsetzen – nicht nur aus Gründen der Chancengleichheit, sondern auch, weil sie auf vielfältige Kenntnisse und Fähigkeiten angewiesen sind.

 

4. Bessere Gesundheitsleistungen

Spätestens die Corona-Pandemie hat verdeutlicht: Wenn Beschäftigte in Krankenhäusern, Schulen oder Kitas krankheitsbedingt fehlen, hat das gravierende Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft. Daher muss der Schutz und die Gesunderhaltung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst auch für den Arbeitgeber oberste Priorität haben. Zudem sollten Beschäftigte von den enorm gestiegenen Kosten der Gesundheitsversorgung entlastet werden. Die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale bei Beamt*innen haben wir bereits erreicht. Und wir machen uns weiter dafür stark, dass künftig die Leistungen der freien Heilfürsorge unangetastet bleiben!

Zusätzlich zum klassischen Modell der individuellen Beihilfe plus privater Krankenversicherung fordern wir die Einführung einer pauschalen Beihilfe nach dem „Hamburger Modell“. Dann müssten freiwillig gesetzlich versicherte Beamt*innen zukünftig nicht mehr sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung zahlen. Außerdem würde die Möglichkeit der pauschalen Beihilfe eine attraktive Option bieten, wenn man lebensältere oder kinderreiche Fachkräfte für ein Beamtenverhältnis gewinnen möchte.

Das betriebliche Gesundheitsmanagement muss mit mehr Personal und finanziellen Mitteln ausgestattet werden, insbesondere angesichts der Altersstruktur und der Belastungen im öffentlichen Dienst.

 

5. Ausgleich besonders belastender Dienste

Die Einsatzkräfte bei Polizei und Feuerwehr riskieren tagtäglich für unsere Sicherheit ihr Leben. Das muss auch angemessen entlohnt werden. Wichtige Zuschläge sind seit vielen Jahren nicht oder nicht ausreichend angepasst worden und durch Kaufkraftverluste völlig entwertet.

Darüber hinaus existieren systemische Mängel wann und in welcher Höhe Zuschläge gezahlt werden. Wir fordern deshalb die politisch Verantwortlichen auf, das Zulagenwesen leistungsgerecht aufzuwerten und an die Realität anzupassen. Besonders belastende Dienststunden wie Wach- und Wechseldienste müssen außerdem mit einem höheren Faktor angerechnet werden und im Ergebnis zu einem früheren Ruhestandseintritt führen.

6. Moderne Arbeitsplätze und Arbeitsmittel

In vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes fehlt es an modernen Arbeitsplätzen und -mitteln. Die Landesregierung und andere öffentliche Arbeitgeber müssen daher deutlich mehr in den Arbeitsplatz öffentlicher Dienst investieren, um ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Aus Sicht des DGB gehört dazu auch die Förderung moderner Mobilität z. B. durch die Bereitstellung von kostenlosen Jobtickets und Jobfahrrädern für die Beschäftigten.

 

7. Gewalt gegen Beschäftigte verhindern

Beschäftigte im öffentlichen Dienst werden häufig Opfer von verbalen oder körperlichen Übergriffen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Personalmangel, Aufgabenzuwachs und fehlende Investitionen schwächen die Leistungsfähigkeit des Staates. Wenn sich Bürger*innen nicht mehr auf das Funktionieren öffentlicher Institutionen verlassen können, wachsen Frust und Unzufriedenheit. Da sie oft als Repräsentanten des Staates wahrgenommen werden, werden die Beschäftigten im Dienst der Gesellschaft schnell zu Blitzableitern für Ärger.

Der DGB macht daher mit seiner Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ auf dieses Phänomen aufmerksam und wirbt für mehr Respekt gegenüber den Beschäftigten im Dienst der Gesellschaft. Unsere Forderungen zur Verbesserung der Situation und mehr Informationen gibt es unter: https://mensch.dgb.de

8. Beschäftigtenfreundliche Gestaltung der Digitalisierung

Die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen wird oft als Möglichkeit betrachtet, dem Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst entgegenzuwirken. Allerdings zeigen DGB-Umfragen, dass Digitalisierung im öffentlichen Dienst bisher eher zu einem Anstieg der Arbeitsbelastung bei den Beschäftigten geführt hat. Wir fordern daher von der Landesregierung und anderen öffentlichen Arbeitgebern, bei der Digitalisierung des öffentlichen Dienstes stärker die Beschäftigteninteressen in den Blick zu nehmen. Digitalisierung muss so gestaltet werden, dass sie nicht mehr Arbeit, sondern gute Arbeit schafft! Unsere Positionen zum Thema finden sich in unserer Broschüre „Beschäftigte first!“: www.nrw.dgb.de/oeffentlicher-dienst/digitalisierung

 

9. Mehr Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten

Die Attraktivität eines Arbeitgebers zeigt sich auch darin, wie er seinen Beschäftigten berufliche Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. Hierbei besteht im öffentlichen Dienst deutlicher Verbesserungsbedarf. Zum Beispiel sollten unnötige Hürden im Laufbahnrecht weiter abgebaut werden. In vielen Bereichen mangelt es nach wie vor an prüfungserleichterten oder prüfungsfreien Aufstiegsmöglichkeiten. Gleichzeitig muss es ausreichend Beförderungsstellen geben, um Fortentwicklung zu ermöglichen. Die Optionen zum Führen in Teilzeit sollten weiter ausgebaut werden.

Außerdem ist von großer Bedeutung, dass Führungskräfte Personalentwicklung als ein zentrales Instrument der Zufriedenheit der Beschäftigten erkennen und individuelle Karrieren aufzeigen und fördern. Ferner braucht der öffentliche Dienst eine stärkere Verankerung von Wertschätzung und Anerkennung gegenüber seinen Beschäftigten in der Organisationskultur.


Fakten zum Fachkräftemangel

  • 901.885 Beschäftigte arbeiteten 2022 in NRW im öffentlichen Dienst.1

 

  • 25.894 Stellen konnten allein beim Land NRW, also z. B. in Schulen und bei der Polizei, zum 1.7.2023 nicht besetzt werden.2

 

  • 27 % der Beschäftigten beim Land und den Kommunen sind 55 Jahre und älter und gehen damit in den nächsten Jahren in den Ruhestand.3

 

  • 45 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst müssen wegen fehlendem Personal mehr arbeiten.4

 

  • 30 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind bereit, zu einem Arbeitgeber in der Privatwirtschaft zu wechseln.5

 

  • 61 % der Beschäftigten auf Kommunal- und Landesebene sind mit ihren Arbeitgeber zufrieden.6

 

1 https://www.it.nrw/statistik/eckdaten/beschaeftigte-im-oeffentlichen-dienst-nach-beschaeftigungsbereich-und-art-des
2 Landtagsvorlage 18/1411 vom 7.8.2023
3 Eigene Berechnungen, IT NRW Statistischer Bericht Personal der öffentlichen Verwaltung in NRW 2021
4 DGB Personalreport 2021
5 Bleibebarometer Öffentlicher Dienst 2022
6 Bleibebarometer Öffentlicher Dienst 2022


Hier gibt es den Flyer "Damit der Traum vom Beruf nicht platzt!" zum Download (pdf)


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