Starke Gewerkschaften, lebendige Mitbestimmung und stabile Tarifbindung sind Voraussetzungen für gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne. Wir brauchen endlich ein Tariftreuegesetz, das seinen Namen verdient und dafür sorgt, dass öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die tarifgebunden sind. Damit Arbeit nicht krank macht, darf es keine Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes geben. Die offenen Stellen in der Arbeitsschutzbehörde müssen dringend besetzt und ausgebaut werden, damit Arbeitsschutz effektiv kontrolliert und durchgesetzt werden kann. Sachgrundlose Befristungen gehören abgeschafft. Wir erwarten von der Landespolitik eine Wirtschaftspolitik, die NRW als Industriestandort stärkt.
Was ist das Problem?
NRW war einmal das Land der Guten Arbeit. Dazu hat entscheidend eine hohe Tarifbindung beigetragen. Tarifverträge sichern Gute Arbeit und schaffen Gerechtigkeit. Menschen mit Tarifvertrag arbeiten kürzer und verdienen mehr, die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern wird mit Tarifvertrag deutlich geringer. Aber immer weniger Menschen fallen unter den Schutz von Tarifverträgen, in Nordrhein-Westfalen nur noch 57 Prozent. Das kostet auch den Staat und die Sozialversicherungen viel Geld. Durch mangelnde Tarifbindung in NRW entgehen den Sozialversicherungen rund 2,1 Mrd. Euro. Hinzu kommen eine Mrd. Euro Einkommensteuerverluste.
Das Geld fehlt für den sozialen Ausgleich und notwendige Investitionen im Land. Jedes Jahr vergeben das Land NRW und seine Kommunen Aufträge in Milliardenhöhe.
Daher muss bei der öffentlichen Auftragsvergabe eine nachhaltige Verwendung der Steuermittel gewährleistet werden. Wir brauchen endlich ein Tariftreuegesetz, das seinen Namen verdient und dafür sorgt, dass öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die tarifgebunden sind.
Was hat die Politik bisher getan?
Mit dem im Jahr 2012 in Kraft getretenen NRW Tariftreue- und Vergabegesetz übernahm NRW eine Vorreiterrolle bei der nachhaltigen Ausrichtung der öffentlichen Auftragsvergabe. NRW hatte sich das Ziel gesetzt, die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei einer fairen Ausgestaltung des Wettbewerbs und des Wirtschaftsgeschehens zu stärken. Für den öffentlichen Nahverkehr, der europarechtlich eine Sonderrolle einnimmt, wurde die Anwendung eines repräsentativen Tarifvertrags vorgeschrieben. Doch außerhalb dieses Sektors wurde schon unter der rot-grünen Regierungskoalition der vergabespezifische Mindestlohn abgeschafft, die schwarz-gelbe Koalition hat das Gesetz weiter geschwächt. Verantwortungsspielraum für die Ausgestaltung der öffentlichen Vergabe wurde auf die Kommunen abgeschoben. Doch auch dort wird der Handlungsspielraum im Sinne einer tarifgebundenen Vergabe viel zu wenig genutzt.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Wenn NRW auf den billigsten Preis schaut, handelt es kurzsichtig. Wird ein Unternehmen beauftragt, das Niedriglöhne zahlt, müssen die Beschäftigten ihren Lohn im schlimmsten Fall aufstocken – dafür zahlt die Gemeinschaft kräftig drauf. Die Geltungskraft des Tarifsystems muss in der öffentlichen Auftragsvergabe verankert sein und an die Anwendung eines repräsentativen Tarifvertrags gekoppelt werden. Hier ist die neue Landesregierung gefordert.
Zukünftig muss gelten: Nur Unternehmen, die Tarifverträge anwenden, dürfen öffentliche Aufträge bekommen. Andere Bundesländer sind da weiter. So heißt es nun im Berliner Vergabegesetz: „Öffentliche Aufträge werden an Auftragnehmer nur vergeben, wenn diese sich bei der Angebotsabgabe verpflichten, (..) ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (..) mindestens die Entlohnung (einschließlich der Überstundensätze) nach den Regelungen des Tarifvertrags zu gewähren, der im Land Berlin auf das entsprechende Gewerbe anwendbar ist.“
Das brauchen auch wir in NRW! Und wo keine Tarifverträge greifen, muss in NRW ein vergabespezifischer Mindestlohn der Maßstab sein. Zudem müssen funktionierende Prüf- und Kontrollbehörden installiert werden. Faire Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen wird dann sichergestellt. Denn eins ist klar: Es darf nicht sein, dass Unternehmen, die ihre Leute tariflich gut entlohnen, bei der Vergabe das Nachsehen gegenüber Lohndumpingfirmen haben.
Was ist das Problem?
Die Arbeitszeit ist ein zentrales Konfliktfeld seit es Lohnarbeit gibt. Bereits vor 100 Jahren wurde der 8-Stunden-Tag erkämpft. Bis heute leiden viele Kolleg*innen darunter, dass selbst gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstarbeits- und Ruhezeiten regelmäßig verstoßen wird. In den letzten Jahren wurde mit dem Begriff „Flexibilisierung“ von Arbeitgeberseite zudem verschärft angestrebt, das Arbeitszeitgesetz aufzuweichen. Sowohl die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, als auch Pausen-, Ruhe- und Erholungszeiten und die Sonn- und Feiertagsarbeit stehen immer wieder zur Debatte. Dabei ist klar, dass verkürzte Pausen-, Ruhe- und Erholungszeiten und ausufernde Mehrarbeit ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen.
Durch Homeoffice und mobiles Arbeiten werden viele Aufgaben, die bisher nur vom Büro aus möglich waren, auch von zu Hause aus oder von einem anderen Ort aus getätigt. Die Gefahr dabei: Arbeitszeit droht zu entgrenzen. Die ständige Erreichbarkeit erschwert die Erholung und setzt Beschäftigte unter Druck. In Betrieben, in denen die Arbeitszeit durch einen Tarifvertrag geregelt ist und in denen Betriebs- und Personalvereinbarungen für eine klare Erfassung der Arbeitszeit sorgen, ist das Problem weniger stark ausgeprägt. Doch in Betrieben ohne tarifliche und betriebsverfassungsrechtliche Regelungen braucht es umso dringender gesetzliche Mindeststandards, die Arbeitnehmer*innen hier schützen.
Viele Menschen arbeiten ständig an der Belastungsgrenze. Stress und psychische Belastungen sind seit Jahren auf dem Vormarsch. Deshalb muss dringend Druck aus dem System genommen und Arbeitnehmer*innen vor Überlastung besser geschützt werden.
Was hat die Politik bisher getan?
Die Landesregierung ist im März 2019 mit dem Versuch gescheitert, über den Bundesrat eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten durch Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes zu erreichen. Auch im Koalitionsvertrag dieser Bundesregierung haben sich die Ampelkoalitionäre auf die Einrichtung von „Experimentierräumen“ verständigt, die eine
Ausweitung der maximalen täglichen Arbeitszeit ermöglichen.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Viele Arbeitnehmer*innen wünschen sich mehr Arbeitszeitsouveränität. Dies bedeutet nicht eine einseitige Flexibilisierung nach den Interessen des Arbeitsgebers. Es braucht ein klares Bekenntnis zum Arbeitszeitgesetz.
Ob im Werk, im Büro oder im mobilen Arbeiten, Tarifverträge sind das beste Mittel, um Arbeitszeit fair zu gestallten. Mehrarbeit unterliegt der Mitbestimmung durch Betriebs- und Personalräte. Deshalb müssen Mitbestimmung und Tarifverträge in NRW gestärkt werden.
In Zeiten der Digitalisierung braucht es mehr Schutz für Beschäftigte, Arbeitszeit muss klar erfasst werden und Entgrenzung muss Einhalt geboten werden. Bisher wurde das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung auf Bundesebene nicht umgesetzt. Daher muss auf Landesebene die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes kontrolliert werden und
Unternehmen, die gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen, müssen auch entsprechend sanktioniert werden. Wie notwendig das ist, haben auch die jüngsten Kontrollen durch das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Fleischindustrie gezeigt. In NRW wurden dort neben Arbeitsschutzverstößen auch zahlreiche Arbeitszeitverstöße
festgestellt.
Was ist das Problem?
Die Verbesserung des Arbeitsschutzes und die Ausstattung der Arbeitsschutzverwaltung des Landes sind nicht voneinander zu trennen. Für eine Verbesserung des Arbeitsschutzes ist die chronische Unterbesetzung in der Arbeitsschutzverwaltung dringend zu überwinden. Aktuell werden pro Jahr weniger als zwei Prozent der Betriebe in NRW kontrolliert, dadurch bleiben Verstöße gegen den Arbeitsschutz unentdeckt, beispielsweise schlecht gesicherte Baustellen oder überlange Arbeitszeiten. Die Folgen sind schwerwiegend und reichen von überbordender psychischer Belastung bis hin zu Unfällen. Mit den nicht hinnehmbaren Gefährdungen der Gesundheit der Beschäftigten gehen unfaire Arbeitsbedingungen am Markt und auch eine Belastung der Sozialsysteme einher.
Verschärft wurde diese Situation durch die Pandemie, weil das Personal weitgehend durch die Kontrollen der Corona-Schutzmaßnahmen gebunden war. In besonderem Maße rückte die Fleischindustrie in den Fokus und die permanente Gesundheitsgefährdung von Beschäftigten kam zum Vorschein.
Was hat die Politik bisher getan?
Wegen der gravierenden Missstände in der Fleischindustrie wurde das Arbeitsschutzkontrollgesetz 2021 eingeführt. Die dadurch massiv gesteigerten Kontrollen haben im letzten Jahr in NRW bis zu 2.000 Verstöße allein in der Fleischindustrie festgestellt. Dabei handelte es sich auch um Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz. Das Beispiel der Fleischindustrie ist nur die Spitze des Eisbergs. Es hat sich gezeigt, dass ohne umfangreiche Kontrollen Beschäftigte permanent Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt werden.
Es ist nach dieser Entwicklung sehr zu begrüßen, dass die Landesregierung die Planstellen im Landeshaushalt für 2022 um 100 Stellen aufgestockt hat. Dies ist aber nur ein notwendiger erster Schritt zum Schutze der Beschäftigten, zumal der Arbeitsschutz eine Reihe neuer Aufgaben, z.B. durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz und das Wohnraumstärkungsgesetz, zu bewältigen hat.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Eine neue Landesregierung muss für mehr Kontrollen von Betrieben sorgen. Dafür muss etwas gegen die chronische Unterbesetzung im Arbeitsschutz getan werden. Es müssen einerseits viele neue Planstellen geschaffen werden, andererseits bedarf es auch der Besetzung dieser Stellen. Dafür braucht es eine echte Attraktivitätsoffensive für den öffentlichen Dienst. Neben einer besseren Besoldung gehört vor allem die Abschaffung der 41-Stunden-Woche für Beamt*innen auf die Maßnahmenliste. Nur so können wir mehr Beschäftigte für den öffentlichen Dienst gewinnen. Hinzu kommt, dass sich durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz eine Ergänzung des Arbeitsschutzgesetzes ergibt, wonach ab 2026 fünf Prozent der Betriebe eines Landes besichtigt werden müssen. Die Kontrollbilanz für NRW liegt unter zwei Prozent. Allein um diese Vorgabe zu erreichen, ist es notwendig schon jetzt die Personaldecke aufzubauen.
Was ist das Problem?
Befristete Arbeitsverhältnisse führen zu Ängsten, Unsicherheiten und erschweren die Lebensplanung. Das gilt zum Beispiel für persönliche Planungen, Kreditfinanzierungen und Wohnraumsuche. Viele Beschäftigte in Befristungen trauen sich nicht, langfristige Entscheidungen zu treffen und eine Familie zu gründen. Gleiches gilt für das Engagement im Betriebsrat oder in der Tarifkommission. Belegschaften werden in befristete und unbefristete Beschäftigte gespalten.
Der Anteil von Befristungen bei den Arbeitsverträgen lag 2018 (neuste verfügbare Zahlen) bundesweit in der Privatwirtschaft bei 7,1 Prozent, im öffentlichen Dienst bei 8,9 Prozent. Rund 38 Prozent der Neueinstellungen waren befristet, der Großteil davon ohne Sachgrund. Betroffen sind dabei vor allem junge Menschen, die gerade erst in das Berufsleben starten.
Ein Unding dabei: Der öffentliche Dienst, ein Bereich, in dem händeringend Personal gesucht wird, ist Spitzenreiter bei der Befristung. Insbesondere beim wissenschaftlichen Personal an Hochschulen ist der Anteil der Befristeten hoch.
Was hat die Politik bisher getan?
Bei der Befristung von Beschäftigten macht sich die Landesregierung einen schlanken Fuß und geht das Problem bisher nicht an. NRW hat eine Bundesratsinitiative, die das Teilzeit- und Befristungsgesetz reformieren und damit die Situation der befristet Beschäftigten verbessern sollte, nicht unterstützt und ist auch selbst nicht tätig geworden.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Die Landesregierung muss als gutes Beispiel vorangehen und als Arbeitgeber auf sachgrundlose Befristung künftig ganz verzichten und dies ebenfalls in den Bereichen durchsetzen, in denen sie als (Mehrheits-)Eignerin Einfluss nehmen kann. Befristungen mit Sachgrund sollten auf ein Minimum begrenzt werden. Die unbefristete Beschäftigung muss wieder zum Regelfall werden, das gilt für die Landesverwaltung genauso wie für die Schulen und Hochschulen. Darüber hinaus erwarten wir eine Bundesratsinitiative, damit der Missbrauch von Befristungen abgeschafft wird.
Die Zukunft unserer Kinder darf nicht länger vom Elternhaus abhängen. Wir brauchen ausreichend hochwertige Kitaplätze, längeres gemeinsames Lernen bis zur 10. Klasse an den Schulen und einen echten, schulscharfen Sozialindex. Damit kein*e Jugendliche*r ohne Berufsabschluss verbleibt, brauchen wir eine Ausbildungsgarantie und einen umlagefinanzierten Zukunftsfonds Ausbildung. Für gute Bildung von der Kita bis zur Hochschule müssen die Bildungsausgaben in NRW um 1.000 Euro pro Jahr und Bildungsteilnehmer*in steigen.
Was ist das Problem?
Es gibt in NRW einen extrem engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Kinder aus bildungsfernen Familien werden in unserem Bildungssystem strukturell benachteiligt. Als eine Ursache haben Bildungsforscher* innen unser gegliedertes Schulwesen ausgemacht, das die Kinder bereits nach der vierten Klasse auf unterschiedliche Schultypen verteilt. Bei der Personalausstattung, dem Schulgebäude und anderen Rahmenbedingungen ziehen Schulen in benachteiligten Stadtteilen den Kürzeren, obwohl sie eigentlich mehr Ressourcen bräuchten, um alle Kinder angemessen zu fördern. Sie verfügen aber über eine weniger finanzstarke und engagierte Elternschaft und haben keine Lobby in der Stadtgesellschaft. Damit trägt die Schullandschaft zu einer Verschärfung der sozialen Spaltung bei. Das muss sich ändern.
Was hat die Politik bisher getan?
Die schwarz-gelbe Landesregierung hat im vergangenen Jahr Eckpunkte zur Umsetzung eines schulscharfen Sozialindex vorgestellt. Das Ergebnis ist aus gewerkschaftlicher Sicht enttäuschend. Ein echter schulscharfer Sozialindexes kann nur dann seine Wirkung entfalten, wenn zusätzliche finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden. Diese Mittel sind im Landeshaushalt allerdings nicht vorgesehen, es kann also nur umverteilt werden. In einem unterfinanzierten Bildungssystem ist das der falsche Weg. Die Landesregierung hat zudem ein sehr komplexes Verfahren zur Ermittlung des Sozialindexes entwickelt, das große Nachteile birgt. Es würde dazu führen, dass Schulen, die bisher zusätzliche Ressourcen zugewiesen bekommen haben, nun wieder Personal abgeben müssten. Kommt dieser neue Sozialindex zur Anwendung, ist zu befürchten, dass die Schulformen, die längeres gemeinsames Lernen anbieten (Gesamtschulen, Sekundarschulen), langfristig die Verlierer sind.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Der DGB fordert einen echten schulscharfen Sozialindex. Das bedeutet, dass Schulen in einem schwierigen Umfeld mehr finanzielle Mittel, mehr Personal und eine bessere Ausstattung bekommen. Ungleiches muss ungleich behandelt werden, nur so können alle Kinder die gleichen Chancen erhalten.
Konkret heißt das: Die Landesregierung muss zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, möglichst noch in diesem Jahr. Bei der Berechnung zusätzlicher Stellenanteile könnte man sich an den Talentschulen orientieren, die NRW als Leuchttürme im Bildungsbereich ebenfalls fördert. Das würde 20 Prozent zusätzliche Lehrer*innenstellen für Schulen in sozialen Brennpunkten bedeuten. Die Berechnungsmethoden des Sozialindexes müssen zudem so überarbeitet werden, dass sie plausibel, nachvollziehbar und transparent sind. Es muss genau nachvollziehbar sein, warum und wie eine Schule kategorisiert wird. Wenn am Ende Schulformen wie Gesamtschulen oder auch Sekundarschulen massiv Stellenanteile verlieren, erscheint die Berechnungsmethode nicht angemessen. Diese Schulformen leisten schließlich einen wesentlichen Beitrag für mehr Chancengleichheit.
Es dürfen aber nicht „nur“ zusätzliche Lehrer*innenstellen zur Verfügung gestellt werden, es braucht ein umfassendes Konzept. Schulen in sozialen Brennpunkten müssen zum Beispiel durch Sozialarbeiter*innen, Schulpsycholog*innen oder auch Sozialpädagog*innen zusätzlich unterstützt werden.
Was ist das Problem?
Unser gegliedertes Schulsystem aus Hauptschule, Realschule, Gymnasium etc. sorgt vor allem für eins: ungleiche Chancen für Kinder und Jugendliche. Seit der PISA-Studie im Jahre 2000 bekommen wir das regelmäßig schwarz auf weiß: Die Aufteilung der Kinder auf die jeweiligen Schultypen erfolgt weniger nach ihren individuellen Potentialen, sondern vor allem nach ihrer sozialen Herkunft. Kinder aus Arbeiterhaushalten und bildungsfernen Schichten sind dabei die Leidtragenden. Am Ende der Grundschule ist die Chance für diese Kinder drei- bis vier Mal geringer eine Gymnasialempfehlung zu erhalten als für ein Kind aus einem Akademikerhaushalt. Und auch eine umfassende Inklusion und Integration wird so verhindert. Deshalb findet unser Schulsystem auch kaum Nachahmer: In keinem anderen Land außer Deutschland und Österreich werden die Schüler*innen am Ende der vierten Klasse auf unterschiedliche Schulformen verteilt und damit Bildungs- und Lebenswege zementiert.
Was hat die Politik bisher getan?
Das gegliederte Schulwesen wurde bisher von keiner Landesregierung in NRW grundsätzlich in Frage gestellt. 2011 wurde mit der Einführung der Sekundarschule ein kleiner Schritt in die richtige Richtung unternommen: Diese Schulform umfasst die Jahrgangsstufen fünf bis zehn und bereitet Schüler*innen sowohl auf eine berufliche Ausbildung als auch auf die Hochschulreife vor. Damit gibt es neben der Gesamtschule eine weitere Schulform, die nicht auf Trennung, sondern auf längeres gemeinsames Lernen setzt. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit lediglich eine zusätzliche Schulform geschaffen wurde. Es gab niemals einen ernsthaften Versuch, längeres gemeinsames Lernen flächendeckend umzusetzen und auf eine Aufteilung der Kinder nach der vierten Klasse zu verzichten. Bei Kindern mit Behinderungen wird sogar wieder mehr getrennt als früher: Die schwarz-gelbe Landesregierung hat die Inklusion in Teilen rückabgewickelt und alte Strukturen wieder hergestellt. Der Erhalt von Förderschulen und die Sonderrolle des Gymnasiums widersprechen den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Im Jahr 2023 läuft der sogenannte Schulkonsens aus. Das heißt, die Landesregierung muss sich wieder mit schulstrukturellen Fragen beschäftigen und das jetzige System auf den Prüfstand stellen. Der DGB NRW fordert seit langem, sich bei der Schulstruktur internationalen Standards anzupassen und endlich die „eine Schule für alle Kinder“ zu realisieren. Das bedeutet, dass alle Kinder bis zum Ende der Sekundarstufe I, also der 10. Klasse, gemeinsam unterrichtet werden. Ein erster wichtiger Schritt in der kommenden Legislaturperiode wäre, dass allen Schüler*innen, die sich an einer Gesamtschule bewerben, tatsächlich ein Platz angeboten werden muss.
Und auch weitere Selektionsmittel müssen endlich abgeschafft werden. Das Sitzenbleiben und noch mehr das Abschulen sind nicht mehr zeitgemäß und müssen reduziert bzw. ganz abgeschafft werden. Kein Kind darf das Gefühl haben, falsch in einer Klasse oder gar auf einer Schule zu sein. Solange es das gegliederte Schulwesen gibt, müssen die Schulen verpflichtet werden, alle aufgenommenen Schüler*innen zu einem Abschluss zu führen.
Was ist das Problem?
In kaum einem anderen Industrieland hängen die Bildungschancen so stark von der familiären Herkunft ab wie bei uns. Neben strukturellen Defiziten, wie einem hoch selektiven Schulwesen, wird in NRW immer noch zu wenig in Bildung investiert. Wohin die Unterfinanzierung im Bildungswesen führt, wird z.B. an den Grundschulen sichtbar: Wenn man die Unterrichtsstunden der gesamten Grundschulzeit addiert, kommen Grundschüler*innen in Bayern auf ein halbes Jahr mehr Unterricht als Grundschüler*innen in NRW. Das bedeutet ein halbes Jahr weniger Unterstützung beim Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Auch beim Thema Digitalisierung bleibt die Landesregierung hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Es fehlt an technischer Infrastruktur, didaktischen Konzepten, funktionierenden Lernplattformen und einem geeigneten technischen Support sowie Weiterbildungsangeboten für die Lehrerinnen und Lehrer.
Was hat die Politik bisher getan?
Die Politik hat in der Vergangenheit viel zu wenig getan, um für alle Kinder beste Bildung zu ermöglichen. Zwar hat NRW in den letzten Jahren die Bildungsinvestitionen erhöht. Das reicht aber bei Weitem nicht aus: Nach wie vor belegt NRW im Länderranking bei Bildungsinvestitionen den letzten Platz. Gut 2.000 Euro pro Jahr werden hier weniger pro Schüler*in ausgegeben als in Bayern und 1.000 Euro weniger als im Bundesdurchschnitt. Das Geld, das ausgegeben wird, wird zudem ungleich verteilt: Die Ausgaben für eine*n Gymnasiast*in sind 1,4-mal so hoch wie für eine*n Grundschüler*in.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Die Bildungsfinanzierung muss endlich dem eigenen Anspruch nach weltbester Bildung gerecht werden. Dabei ist die gesamte Bildungsleiter in den Blick zu nehmen, von der Kita über die Schule bis hin zur Weiterbildung. Wir fordern, die Bildungsausgaben an den Bundesdurchschnitt anzupassen und um 1.000 Euro pro Bildungsteilnehmer*in und pro Jahr zu erhöhen. Um Chancengleichheit herzustellen, muss zudem die Schulfinanzierung reformiert werden. Dazu gehört, dass die Kommunen nicht länger allein gelassen werden. Die Kommunen sind als Schulträger für die baulichen Maßnahmen und die Schulinfrastruktur zuständig, leiden aber häufig unter Verschuldung und Investitionsstaus. Und last but not least muss die Lehrerbesoldung so ausgestaltet werden, dass nicht immer mehr Lehrkräfte in andere Bundesländer abwandern. Grundschullehrer*innen müssen dringend von der Besoldungsgruppe A12 in A13 aufsteigen, damit der Beruf wieder für mehr junge Menschen attraktiv wird.
Was ist das Problem?
Laut unserer Landesverfassung hat jeder junge Mensch in NRW Anspruch auf einen Ausbildungsplatz. Dieses Recht wird bisher aber nicht umgesetzt: Über 50.000 Jugendliche landen jedes Jahr im sogenannten Übergangssystem, das wir auch Warteschleifen nennen, weil sie keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Fast jeder fünfte junge Mensch in NRW bleibt sogar dauerhaft ohne jede Berufsausbildung. Im bundesweiten Vergleich ist das ein Negativrekord. Warum junge Menschen keinen Ausbildungsplatz finden, hat viele Gründe. Einer ist, dass nach wie vor zu wenig Unternehmen ausbilden. Ein anderer, dass viele Arbeitgeber an der Bestenauslese festhalten und das Abitur zur Voraussetzung für einen Ausbildungsplatz machen. Die Folgen sind fatal: Eine fehlende Berufsausbildung ist für die Betroffenen meist der sichere Weg in prekäre Beschäftigung oder Langzeitarbeitslosigkeit. Gleichzeitig klagt die Wirtschaft über einen zunehmenden Fachkräftemangel und einen steigenden Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen. Dabei sind genügend Fachkräfte eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft gelingen kann.
Was hat die Politik bisher getan?
Die Politik hat das Problem schon lange erkannt, aber bisher keine nachhaltige Lösung gefunden, um der Ausbildungslosigkeit Herr zu werden. Es gab schon zahlreiche freiwillige Vereinbarungen mit den Arbeitgebern. Mit KAoA (kein Abschluss ohne Anschluss) wurde die Berufsorientierung in NRW systematisiert. Außerdem setzte die Politik auf den Ausbau des Übergangssystems und führte u.a. das Werkstattjahr, Einstiegsqualifizierungen, die dualisierte Ausbildungsvorbereitung und berufsvorbereitende Maßnahmen ein. Nach jedem Regierungswechsel kam in der Regel eine neueMaßnahme dazu. Das Muster war immer das gleiche: Man wollte mit möglichst wenig Mitteln möglichst viele Jugendliche erreichen. Auf Initiative des DGB NRW wurden in der laufenden Legislaturperiode Maßnahmen initiiert, die auf den direkten Einstieg in Ausbildung abzielen.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Die neue Landesregierung ist gefordert, den Auftrag unserer Landesverfassung, die schon jetzt eine Ausbildungsgarantie enthält, endlich ernst zu nehmen: Wir brauchen eine echte Ausbildungsgarantie, die ihren Namen auch verdient. Jedem ausbildungswilligen Jugendlichen muss nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule ein Ausbildungsangebot unterbreitet werden. Dabei muss die Vermittlung in betriebliche Ausbildung Vorrang haben. Es wird aber nicht ausreichen, nur auf den Markt zu vertrauen. Wir brauchen auch Ausbildungsplätze für die Jugendlichen, die von den Betrieben nicht akzeptiert werden. Das Angebot an außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen mit praktischen Anteilen im Betrieb ist deshalb deutlich auszuweiten.
Klar ist: Eine echte Ausbildungsgarantie bekommt man nicht kostenlos. Der DGB NRW schlägt die Einrichtung eines Zukunftsfonds Ausbildung vor. Dort zahlen alle Betriebe ein, die nicht ausbilden, während Unternehmen, die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, profitieren. Ein ähnliches Umlagesystem hat sich bereits in einigen Branchen (z.B. Bauhauptgewerbe) bewährt. Es sorgt für einen finanziellen Ausgleich zwischen ausbildenden und nicht-ausbildenden Betrieben und erhöht den Anreiz, in Ausbildung zu investieren. Die Ausbildungsbereitschaft kann so nachhaltig gestärkt werden. Damit steigen auch die Chancen der Jugendlichen, die nicht dem Idealbild eines*r Bewerber*in entsprechen. Um eine Ausbildungsgarantie umsetzen zu können, müssen wir zudem verhindern, dass Jugendliche nach dem Schulabschluss verloren gehen. Die Erfassung und Begleitung von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz muss lückenlos sein. Dabei können Jugendberufsagenturen oder aber auch die Erfassung von Schüler*innenindividualdaten zielführend sein.
Der Kohleausstieg ist eine enorme Herausforderung für das Industrieland Nordrhein- Westfalen. Der Strukturwandel kann nur erfolgreich sein, wenn Klimapolitik und Erhalt von Industrie und guten Arbeitsplätzen zusammengedacht werden. In die Diskussion, wie neue, passgenaue Arbeitsplätze entstehen können, müssen alle wichtigen Akteure eingebunden werden. Dazu schlagen wir einen Transformationsbeirat und eine Transformationsagentur auf Landesebene vor. Und wir brauchen Beiräte auf lokaler Ebene mit starker Stimme von uns Gewerkschaften. Damit wir die Klimaziele erreichen, sind Planungssicherheit, der Ausbau der Erneuerbaren Energien und verbindliche Investitionszusagen unerlässlich. Zur Finanzierung benötigen wir einen NRW-Transformationsfonds.
Was ist das Problem?
NRW muss klimaneutral werden. Das ist eine gewaltige Herausforderung, die durch Digitalisierung und Globalisierung noch verschärft wird. Der Strukturwandel kann nur erfolgreich sein, wenn Klimapolitik mit dem Erhalt von Industrie und Guter Arbeit verbunden werden. Unabdingbar dafür ist, das Wissen der Kolleginnen und Kollegen in den Branchen und Betrieben einzubeziehen und durch gute Beteiligung Sicherheit auch im Wandel zu vermitteln. Die Menschen müssen für sich und ihre Familien eine Perspektive über den Tag hinaus erkennen. Dafür müssen alle Akteure an einen Tisch und die Diskussion muss am Ziel ausgerichtet werden, wie neue, passgenaue Arbeitsplätze entstehen können. Dazu schlagen wir einen Transformationsbeirat und eine Transformationsagentur auf Landesebene vor. Und wir brauchen Beiräte auf lokaler Ebene mit starker Stimme von uns Gewerkschaften.
Was hat die Politik bisher getan?
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Bundesregierung werden einige Forderungen von uns aufgegriffen, die wir als DGB in einer Transformationscharta zusammengefasst haben. Die Bundesregierung kündigt an, im Dialog mit Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden eine Allianz für Transformation zu schmieden. Die NRW-Landesregierung bezieht den DGB und die Mitgliedsgewerkschaften in die Planungen und Diskussionen zum Strukturwandel auf unterschiedlichen Ebenen ein. Wir sind sowohl auf Landesebene als auch in den für den Strukturwandelprozess beauftragten Gremien im Rheinischen Braunkohlerevier und im Ruhrgebiet beteiligt. Was die Landesregierung aber bislang nicht macht: Klare Leitplanken setzen, in welche Richtung wir die Transformation organisieren, welche Richtung der Wandel nimmt und wie tatsächlich neue, Gute Arbeit entwickelt, vor allem Industrie-Arbeitsplätze entstehen können.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Die Landesregierung muss einen Transformationsbeirat auf NRW-Ebene einsetzen, in dem alle wichtigen Akteure Mitglied sind: Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften, die Agentur für Arbeit und die kommunalen Spitzenverbände gemeinsam mit der Politik. Viele Programme und Maßnahmen sind notwendig, um die Transformation unserer Wirtschaft sozial, ökologisch und demokratisch umzusetzen. Dabei geht es u.a. um Energiesicherung, um Flächen, um den Wohnungsbau, die Mobilität, Verwaltung und ganz entscheidend: die Fachkräftesicherung, Ausbildung und Qualifizierung. Dieser Transformationsbeirat sollte in der Staatskanzlei, also in der Verantwortung des Ministerpräsidenten, liegen. So wäre sichergestellt, dass alle Politikbereiche gebündelt und koordiniert werden können. Der Transformationsbeirat sollte sowohl die Landesregierung beraten, aber auch eigene Initiativen entwickeln, die dann der Landesregierung zur Entscheidung vorgelegt werden.
Aber allein Entscheidungen zu treffen reicht nicht, sie müssen auch umgesetzt werden. Deshalb braucht NRW auch eine Transformationsagentur, die für die Umsetzung zuständig ist. Sie soll mit Unterstützung der Sozialpartner vor allem Unternehmen und Betriebs- und Personalräte, aber auch Regionen und Kommunen beraten. Sie soll vor allem Ansprechpartnerin sein für Unternehmensverantwortliche, Betriebs- und Personalräte, aber auch für Ämter in den Regionen und Gemeinden sein, wenn Beratungsbedarf besteht in Fragen z.B. von Weiterbildung, Qualifizierung oder Förderung.
Auch vor Ort müssen die verschiedenen Akteure an einen Tisch, denn viele strategische Fragen und die konkrete Umsetzung können nur vor Ort erkannt und gelöst werden. Deshalb ist es sinnvoll, wenn auch auf der lokalen Ebene Transformationsbeiräte gegründet werden, politisch zentral aufgehängt. Auch hier müssen Gewerkschaften eine bedeutende Rolle erhalten.
Was ist das Problem?
Die Transformation der Wirtschaft zur Treibhausgasneutralität erfordert hohe Investitionen und muss mit dem Erhalt und der Schaffung gut bezahlter Arbeitsplätze einhergehen. Dies wird zusätzliche öffentliche und private Investitionen von rund 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erfordern. Bei einem BIP in NRW von 700 Mrd. Euro sind das rund elf Mrd. Euro – pro Jahr! Die Investitionen sind wichtig. NRW muss eine führende Rolle in Zukunftstechnologien einnehmen, um Wertschöpfung und Arbeit zu erhalten. Allein 50 Prozent der Stahl- und Chemieanlagen müssen bis 2030 erneuert werden. Solche Aufgaben können nicht allein von den Betrieben gestemmt werden! Sie investieren nur, wenn sie auf verlässliche Rahmenbedingungen stoßen.
Was hat die Politik bisher getan?
Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene weist in die richtige Richtung: Eine Steigerung öffentlicher Investitionen in die Transformation sowie die Unterstützung privater Investitionen. Um Unternehmen hin zur Klimaneutralität zu unterstützen, setzt Berlin auf einen Transformationsfonds. Die Landesregierung lässt klare Signale vermissen. NRW verzettelt sich in einzelne Projektförderungen: Um z.B. Digitalisierung und Innovationen in Unternehmen zu unterstützen, wurde das Programm Mittelstand Innovativ & Digital gestartet. Dafür stehen 11,8 Mio. Euro zur Verfügung. Das ist viel zu wenig und kleinteilig: Mit einem Tennisball kann man nicht in der Fußballbundesliga spielen. Unser Land braucht etwas Großes und Zukunftsweisendes, Einzellösungen ersetzen keine Strategie. Die anstehende Transformation muss vom Land begleitet und gefördert werden.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Die Landesregierung muss einen Transformationsfonds zur Flankierung betrieblicher Transformationsprojekte aufsetzen. Die Stiftung Arbeit und Umwelt hat ihn auf Bundesebene kalkuliert: Für NRW brauchen wir sieben Mrd. Euro. Das entspricht zehn Prozent der Bruttoanlageinvestitionen in NRW. Der Fonds wird im Bereich der Zukunftsinvestitionen von Unternehmen aktiv und ergänzt bestehende Förderangebote. So können öffentliche Investitionen getätigt und private Investitionen unterstützt werden. Insbesondere finanzschwächere, aber innovative Unternehmen können in die Zukunft investieren und Arbeitsplätze sichern. Woher soll das viele Geld kommen? Der Fonds kann von der landeseigenen NRW.Bank aufgelegt und abgesichert werden. Damit wäre er kein Bestandteil des Landeshaushalts und ermöglicht zusätzliche private Einlagen. Eine Beteiligung an der Wirtschaft und den Schlüsselindustrien hat zudem den Vorteil, dass landeseitig Einfluss auf die Gestaltung der Transformation genommen wird. Der Fonds kann gezielt in die klimaneutrale Produktion investieren und durch seine Anteile an zukunftsfähigen Unternehmen zugleich Vermögen aufbauen. Die Erträge können dann langfristig und strukturell erneut investiert werden. Damit erschöpft sich der Fonds nicht, er wird neu angefüllt.
Über die Beteiligung des Fonds wäre Betrieben auch verbesserte Kreditkonditionen auf den Kapitelmärkten sichergestellt. Ein solcher Fonds kann helfen, Unternehmen in der Transformation zu sichern und zu begleiten sowie Chancen für Innovationen und Investitionen in neue Geschäftsmodelle und in die Produktentwicklung, Sachanlagen und Qualifikation der Beschäftigten zu eröffnen.
Damit die Transformation im Interesse der Beschäftigten vonstattengeht, muss sie gleichermaßen sozial, ökologisch und demokratisch sein. Deshalb wird sie auch unter aktiver Beteiligung der Gewerkschaften stattfinden.
Für eine hohe Lebensqualität und eine gelingende Transformation brauchen wir mehr Investitionen und eine starke öffentliche Hand. Nicht nur Personal, auch Kitas, Schwimmbäder und öffentlicher Nahverkehr müssen finanziert werden. Dringend notwendig sind auch mehr Investitionen in bezahlbaren Wohnraum und die Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft. Damit dies umgesetzt werden kann, brauchen wir endlich eine Lösung zur dauerhaften Entschuldung unserer Kommunen.
Was ist das Problem?
Nicht erst seit Corona wissen wir: Der Investitionsstau zieht sich über sämtliche Lebensbereiche. Bei den Schulgebäuden gibt es ebenso massiven Nachbesserungsbedarf wie bei der Ausstattung von Krankenhäusern, bei der Polizei, den Gesundheitsämtern und Hochschulen. Auch die Verkehrsinfrastruktur ist in weiten Teilen marode – das zeigt sich nicht nur an den Autobahnbrücken, sondern ebenso an innerstädtischen Straßen und Landstraßen. Dazu setzt sich der dramatische Rückgang bei den Sozialwohnungen weiter fort und viele Menschen wissen nicht mehr, wo sie noch bezahlbare Mieten finden. Genauso schleppend kommt der Glasfaserausbau voran, während der Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft ganz neue Herausforderungen aufwirft. Kurz: Es wird zu wenig investiert.
Was hat die Politik bisher getan?
Die Landesregierung legt den Schwerpunkt viel zu wenig auf wichtige Zukunftsinvestitionen. Die eigenen Investitionen im Haushalt des Landes für 2022 liegen bei real 8,9 Prozent des Haushaltsvolumens. Nach der mittelfristigen Finanzplanung werden die Investitionen in den Folgejahren sogar wieder auf 8 bis 8,2 Prozent sinken. Das ist zu wenig, um NRW fit für die Zukunft zu machen. Der dramatische Rückstand in NRW wird auch im Vergleich der öffentlichen Investitionen von Land und Kommunen pro Einwohner deutlich. Hier liegt NRW an vorletzter Stelle aller Bundesländer. Inklusive der Extrahaushalte und der Kommunen werden in NRW nur gut 400 Euro pro Einwohner im Jahr investiert. In Bayern sind es mit 900 Euro zum Beispiel mehr als doppelt so viel, in Baden-Württemberg 700 Euro.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Wir brauchen ein Konzept, mit dem langfristige Investitionen möglich werden, etwa im sozialen Wohnungsbau, in Krankenhäusern, für die Energiewende und die Digitalisierung. Aktuell führt die niedrige Investitionsquote dazu, dass sich die marode Infrastruktur noch weiter verschlechtert. Um den Rückstand aufzuholen und NRW fit für die Zukunft zu machen, ist eine Verdopplung der Pro-Kopf-Investitionen von aktuell 400 Euro pro Einwohner*in notwendig.
Konkret müssen damit u.a. jährlich mindestens 23.000 Sozialwohnungen gebaut werden – aktuell sind es mit 5.000 viel zu wenige. Darüber hinaus braucht es einen Ausbau des ÖPNVs und dringende Investitionen in die Bildungsinfrastruktur. Das Land muss investieren, damit wir Klimaneutral werden, nur so lässt sich dauerhaft bezahlbare Energie für Haushalte und Industrie schaffen. Das geht aus Sicht des DGB NRW nur mit verstärkten Investitionen und einem Ausbau der erneuerbaren Energien in NRW.
Insgesamt benötigt unser Land einen Investitionspfad, der eine verlässliche Planung und Durchführung solcher Perspektivinvestitionen ermöglicht. Dazu kommt: Wenn das Land investiert rechnet sich das zweifach. Ein aktives Eingreifen des Staates durch öffentliche Investitionen und verlässliche Rahmenbedingungen regen auch private Investitionen an. Die Schuldenbremse muss dringend reformiert werden. Sie wird zunehmend zur Zukunftsbremse.
Was ist das Problem?
Eine sichere, angemessene und dauerhaft finanzierbare Wohnung ist die Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Leider können sich viele Menschen solch eine Wohnung nur schwer oder gar nicht leisten – hier wurde politisch nicht ausreichend nachgesteuert.
Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt kontinuierlich. 2010 gab es rd. 544.000 Wohnungen, 2019 nur noch rd. 457.000. Für 2030 rechnet die Landesregierung lediglich mit rd. 240.000. Dem gegenüber steht ein vielfach größerer Bedarf. So haben in den Großstädten in NRW teils rund 50 Prozent der Bevölkerung Anrecht auf eine Sozialwohnung.
Alle, die keine Sozialwohnung bekommen, sehen sich immer weiter steigenden Mieten ausgesetzt, die einen immer größeren Teil des Einkommens auffressen Bei jedem zweiten Haushalt macht die Miete mehr als 30 Prozent des Einkommens aus – bei solchen unter der Armutsgrenze (weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens) sind es sogar neun von zehn Haushalten.
Was hat die Politik bisher getan?
Die damalige CDU/FDP-geführte Landesregierung hat 2005 die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) mit über 100.000 Wohnungen verkauft, also privatisiert. Die aktuelle Landesregierung hat den Mieterschutz in weiten Teilen von NRW abgebaut und wendet gleichzeitig Bundesgesetze zum Mieterschutz auf NRW nicht an. Aktuell wäre Geld da: Die Landesbauministerin sitzt auf mehr als 540 Mio. Euro nicht verausgabter Fördermittel.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Die mehr als 540 Millionen Euro nicht verausgabter Mittel der Wohnraumförderung des Landes summierten sich in den vergangenen Jahren, weil die Förderangebote nicht vollumfänglich von der Wohnungswirtschaft abgerufen und investiert wurden. Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass diese Fördermittel für den sozialen Mietwohnungsbau eingesetzt werden. Jetzt ist es dringend an der Zeit, selbst zu bauen und dafür eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft zu gründen. Sie kann dauerhaft preisgebundenen Wohnraum zur Verfügung stellen und würde dabei helfen, den sozialen Mietwohnungsbau gegenüber der Eigenheimförderung wieder an die erste Stelle zu rücken. Daneben muss den immer weiter steigenden Bodenpreisen effektiv begegnet werden. Kommunen müssen selber wieder viel mehr Boden kaufen und ihn dann zu erschwinglichen Preisen in Erbpacht weitergeben. Hier muss das Land beim Erwerb finanziell helfen. Bauland darf nicht weiterhin nach dem Meistbieterprinzip veräußert werden, da sonst die Preise weiter steigen. Außerdem muss es den Kommunen ermöglicht werden, ein Vorkaufsrecht vor privaten Investoren zu haben, wenn Grund und Boden verkauft wird. Gemeinwohlorientierte Wohnungsbauunternehmen müssen zudem Vorrang vor Unternehmen bekommen, die allein auf Rendite aus sind.
Gleichzeitig muss der Mieterschutz wieder ausgebaut werden (zum Beispiel die Mietpreisbremse). Er darf nicht nur für ausgewählte Kommunen gelten, sondern muss ganz NRW umfassen. Wenn in Berlin gute Gesetze zum Mieterschutz beschlossen werden, muss die Landesregierung sie auch für NRW umsetzen. Bislang schiebt sie diese oftmals auf die lange Bank und verhindert so, dass die Gesetze ihren positiven Effekt für die Mieterinnen und Mieter entfalten können (z.B. Baulandmobilisierungsgesetz).
Was ist das Problem?
Ein gutes Leben braucht lebenswerte Städte und Gemeinden. Doch vielen Kommunen fehlt es an Mitteln, um in soziale Infrastruktur, das Bildungssystem oder den ÖPNV zu investieren. Oftmals gibt es keine finanziellen Spielräume mehr, wenn die kommunalen Pflichtaufgaben erledigt sind oder die Last von Altschulden nimmt den Kommunen die Luft zum Atmen.
Viele Kommunen sind in der Haushaltssicherung und können demnach ihre Ausgaben nicht mehr mit den Einnahmen decken. Ende 2020 beliefen sich die Kassenkredite (kurzfristige Kredite zur Liquiditätssicherung) auf rd. 21 Mrd. Euro – das ist fast so viel wie ein Viertel des gesamten Landeshaushalts von NRW. Dabei ist der Grund für die Verschuldung oftmals nicht eine schlechte Haushaltsführung, sondern zunehmende kommunale Aufgaben und äußere Einflüsse, wie die finanziellen Folgen der Covid-19-Krise.
Was hat die Politik bisher getan?
Die aktuelle Landesregierung hat eine Entschuldung der Kommunen versprochen – aber noch nicht mal ein Konzept vorgelegt. Vielmehr sind finanzielle Hilfen an die Kommunen (genannt „Stärkungspakt“) mit jährlich 360 Mio. Euro ersatzlos ausgelaufen.
Gleichzeitig werden die Kommunen bei den Belastungen durch die Pandemie alleingelassen. Das Land selbst gleicht seine Steuerausfälle über den Corona-Rettungsschirm aus. Für die coronabedingten Steuerausfälle der Kommunen (v.a. bei der Gewerbesteuer) werden ihnen aber nur Kredite angeboten. Deren Verschuldung wird deshalb wiederansteigen und es besteht die Gefahr, dass Haushaltssicherungsmaßnahmen angeordnet werden müssen. Der Bund hat mit einem höheren Anteil an den Unterkunftskosten für Hartz IV-Empfänger geholfen, die Kommunen finanziell etwas zu entlasten.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Der DGB schlägt eine solidarische Entschuldung der Kommunen in zwei Schritten vor. Zum einen müssen kommunale Altschulden einmalig übernommen werden. Zum zweiten braucht es längerfristiger Maßnahmen, um kommunale Handlungsfähigkeit dauerhaft sicherzustellen.
Im Detail: Bund und Land tragen eine hohe Mitverantwortung an der Überschuldung, weil sie Gesetze beschlossen haben, die von Kommunen umgesetzt werden müssen, ohne dass sie dafür die finanziellen Mittel erhalten. Daher ist es nur fair, wenn Bund und Land auch ihren Anteil beitragen. Deshalb sollten grundsätzlich alle staatlichen Ebenen (Bund, Land und Kommunen) in einen solidarischen Altschuldenfonds einbezogen werden. Konkret sähe dies so aus: Bei einem Altschuldenfond übernimmt das Land zunächst die Schulden der Kommunen. Die aktuell niedrigen Zinsen ermöglichen eine risikolose Umschuldung der Kassenkredite (kurzfristige Kredite zur Liquiditätssicherung). Gleichzeitig wird vereinbart, wie die Schulden getilgt werden sollen. Bund, Land und Kommunen verpflichten sich über einen längeren Zeitraum jeweils einen Anteil zu übernehmen.
Damit es nicht wieder zu einer Überschuldung der Kommunen kommt, muss bei allen Gesetzen das Konnexitätsprinzip eingehalten werden – kurz gesagt: wer’s bestellt, der zahlt auch. Darüber hinaus benötigen Kommunen eigene Investitionsmittel, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können und die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden zu sichern. Konkret sind das Investitionsmittel zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels und der demografischen Entwicklung, für Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung.
Gute Bildung und medizinische Versorgung, schnelle Genehmigungsverfahren und öffentliche Sicherheit gibt es nur mit genügend motivierten Lehrer*innen, Krankenpfleger*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen und Polizist*innen. Damit die rund 20.000 unbesetzten Stellen besetzt werden können, brauchen wir einen attraktiven öffentlichen Dienst. Dazu gehört auch eine Senkung der Wochenarbeitszeit von Beamt*innen, die derzeit bei 41 Stunden liegt, und eine angemessene Bezahlung.
Was ist das Problem?
Das Land NRW ist einer der letzten Arbeitgeber in Deutschland, der einen Teil seiner Beschäftigten 41 Stunden arbeiten lässt. Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes NRW arbeiten 39 Stunden und 50 Minuten in der Woche. Das Gleiche muss auch für die Beamtinnen und Beamten gelten. Corona zeigt uns: Ohne einen funktionierenden öffentlichen Dienst ist kein Staat zu machen. Er sichert die Daseinsvorsorge für die Menschen, spielt bei Planungs- und Genehmigungsverfahren eine wesentliche Rolle, wenn es um die Umsetzung von Investitionen vor Ort geht. Ein handlungsfähiger öffentlicher Dienst trägt daher auch zur Attraktivität von NRW als Wirtschaftsstandort bei. Damit die rund 20.000 unbesetzten Stellen besetzt werden können, brauchen wir einen attraktiven öffentlichen Dienst.
Was hat die Politik bisher getan?
Im Rahmen der Besoldungsgespräche 2019 haben Gewerkschaften und Landesregierung eine Vereinbarung zur Entwicklung eines Konzeptes zur Attraktivitätssteigerung getroffen. Die darin vereinbarten Schritte waren aus unserer Sicht ein Zeichen dafür, dass die Landesregierung ganz im Sinne des Grundsatzes „Verhandeln statt Verordnen“ in einem offenen Diskussionsprozess konkrete Maßnahmen entwickeln wollte.
Drei Jahre später muss man feststellen, dass die sogenannte Attraktivitätsoffensive krachend gescheitert ist. Nahezu alle Vorschläge der Gewerkschaften wurden ignoriert. So hält die jetzige Landesregierung an der überlangen Wochenarbeitszeit für Beamt*innen von 41 Stunden fest und plant sogar eine freiwillige Erhöhung auf 44 Wochenstunden.
Was muss die neue Landesregierung tun?
Eins ist ganz klar – die 4 muss weg!: Das 2003 eigentlich befristet eingeführte Sonderopfer der Beamtinnen und Beamten in NRW, eine Arbeitszeiterhöhung auf 41 Stunden Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich, muss beendet werden. Eine zukünftige Landesregierung muss verstehen, dass der öffentliche Dienst auch eine Schlüsselposition in der Transformation spielt und nicht die Spardose des Finanzministers ist – qualifizierte Mitarbeiter*innen können in Konkurrenz zur Privatwirtschaft nur gewonnen und gehalten werden, wenn auch die Arbeitsbedingungen stimmen. Gute Bildung, schnelle Genehmigungsverfahren und öffentliche Sicherheit gibt es nur mit genügend motivierten Lehrer*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen und Polizist*innen.