Anja Weber ist soeben erneut zur Vorsitzenden des DGB NRW gewählt worden. Die Delegierten wählten sie mit 93 Prozent. Auch ihre Stellvertreterin Dr. Sabine Graf wurde erneut im Amt bestätigt, sie erhielt 86 Prozent.
Zuvor hatte Anja Weber in einer engagierten Rede für ihre Wahl geworben. Der DGB NRW und seine acht Gewerkschaften hätten sich in den vergangenen Jahren erfolgreich für die Arbeitnehmer*innen in NRW eingesetzt und mehrere Vorhaben der schwarz-gelben Landesregierung verhindert. „Viele Befürchtungen, die wir vor vier Jahren hatten, sind nicht Wirklichkeit geworden. Weil wir die Schultern breit gemacht und uns gemeinsam gegenüber der Politik für die Interessen der Beschäftigten stark gemacht haben.“ Die Entfesselung bei der Sonntagsarbeit im Einzelhandel sei ebenso am beharrlichen Widerstand der Gewerkschaften gescheitert wie die Einführung von Experimentierräumen bei der Arbeitszeit in NRW, so Weber. Gerade das Thema Arbeitszeit brenne vielen unter den Nägeln: „Unsere Gewerkschaften haben wegweisende Tarifabschlüsse gemacht, die Arbeitszeitverkürzung und Gestaltung der Arbeitszeit im Sinne der Beschäftigten ermöglichen.“
Im öffentlichen Dienst sei vor zwei Jahren eine 1:1-Übernahme des Tarifergebnisses der Länder auf die Beamt*innen durchgesetzt worden. „Die vereinbarte Attraktivitätsoffensive für den öffentlichen Dienst ist dann allerdings krachend gescheitert.“ Im Ergebnis steige die Zahl der nicht besetzten Stellen in Nordrhein-Westfalen von Jahr zu Jahr weiter an, weil der öffentliche Dienst nicht konkurrenzfähig sei. „Die Beamt*innen in NRW haben eine regelmäßige Arbeitszeit von 41 Stunden. In zahlreichen Aktionen haben wir deutlich gemacht: Die Vier muss weg! Und das werden wir auch in Richtung Landtagwahl ganz nach vorne stellen!“
Dies und viele andere Themen zeigten: „Es ist bei weitem nicht alles gut, wir werden an vielen Stellen gebraucht!“ So sei die Zahl der Ausbildungsplätze im Land dramatisch gesunken, sagte Weber. „Ein Weiter so ist auch hier keine Lösung! Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie, die durch einen Zukunftsfonds Ausbildung finanziert wird: Wer nicht ausbildet, muss zahlen!“
Den Strukturwandel nannte Weber ein weiteres Schwerpunktthema des DGB NRW. „Klimaschutz kommt nur voran, wenn wir begreifen, dass unsere Industrie Teil der Lösung ist. Deshalb erwarten wir von Politik und Unternehmen, Lösungen zu finden, die gleichermaßen sozial, ökologisch und demokratisch sind.“ Gute Arbeit mit Tarifbindung und Mitbestimmung sei das wesentliche Kriterium, an dem der Strukturwandel aus gewerkschaftlicher Sicht gemessen werde. Daher brauche NRW dringend ein Tariftreuegesetz, das diesen Namen verdient.
Mit Blick auf die Landtagswahl sagte Weber: „Es wird deutlich: Wir brauchen Mehrheiten für eine neue Politik! Mehrheiten, bei denen gute Arbeit, Tarifbindung, Mitbestimmung an erster Stelle stehen. Mehrheiten, die Veränderungsprozesse von den Menschen und von guter Arbeit her denken.“
Hintergrund: Die DGB-Gewerkschaften haben in NRW rund 1,4 Millionen Mitglieder. DGB-Bezirkskonferenzen finden alle vier Jahre statt. 100 Delegierten der 8 DGB-Mitgliedsgewerkschaften wählen dort den/die Vorsitzende/n und entscheiden in der Antragsberatung über die inhaltliche Ausrichtung des DGB NRW für die nächsten Jahre. Die diesjährige Konferenz steht unter dem Motto „Zukunft gestalten wir.“ Sie findet aus Pandemiegründen in hybrider Form statt, die Delegierten sind digital zugeschaltet. Vor Ort zu Gast sind u.a. Ministerpräsident Hendrik Wüst und DGB-Bundesvorsitzender Reiner Hoffmann, die am Nachmittag bereits gesprochen haben. Die Konferenz wird am Samstag mit der Antragsberatung fortgesetzt.
Die Lebensläufe von Anja Weber und Dr. Sabine Graf, Pressefotos und weitere Konferenzunterlagen bekommen Sie hier: Bezirkskonferenz 2021 | DGB NRW