Nach zähen Auseinandersetzungen befindet sich die Bundesregierung auf den letzten Metern in Richtung Kindergrundsicherung. „Nun darf unser Bundesfinanzminister nicht auf der Bremse stehen“, fordert Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW. „Die Lage vieler Familien in NRW ist ernst! Durch Inflation, Pandemie und Energiekrise verschärft sich die Lebenssituation vieler bereits armutsbetroffener Familien, unter ihnen ein Großteil alleinerziehende Mütter.“
Durch eine gut gemachte Kindergrundsicherung würde sich in NRW die Lebenssituation von mehr als 770.000 Kindern und Jugendlichen verbessern: In NRW lebten Ende 2022 563.139 Kinder und Jugendliche in Familien, die Bürgergeld beziehen, hinzu kommen 215.661 Kinder und Jugendliche, die den Kinderzuschlag als Unterstützung zusätzlich zum Kindergeld bekommen. Hier noch nicht einberechnet sind Familien, die heute einen Rechtsanspruch auf Leistungen haben, diese aber nicht beantragen. „Damit könnten nach aktuellen Schätzungen sogar weit über eine Millionen Kinder in NRW von der Kindergrundsicherung profitieren“, sagt Weber.
Unstrittig sei, dass die vielen bestehenden Leistungen für Kinder gebündelt und die Beantragung zugänglicher werden müssen. „Streit gibt es vor allem um höhere Leistungen“, so Weber. „Dabei ist offensichtlich, dass die aktuellen Regelsätze zu niedrig sind.“ Zurzeit sieht der Regelsatz im Bürgergeld für ein Kind zwischen sechs und 13 Jahren nur 4,48 Euro pro Tag für Essen und Trinken vor. Nur 2,83 Euro monatlich liegen für Kinder- und Jugendbücher bereit. 8,89 Euro gibt es monatlich für Kino, Kindertheater, Sport- und sonstige Freizeitveranstaltungen. „Damit erfahren Kinder schon im frühen Alter wie es ist, sozial ausgeschlossen zu sein.“
Anja Weber stellt außerdem klar: „Geld für die Kindergrundsicherung auszugeben ist eine Investition in die Zukunft. An Kindern zu sparen, kommt unsere Gesellschaft teuer zu stehen.“ Laut neuester Berechnungen lagen die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten vergangener und aktueller Kinderarmut in Deutschland im Jahr 2019 bei mehr als 100 Milliarden Euro. Armutsbetroffene Kinder haben ein höheres Risiko, gesundheitliche Probleme zu bekommen und arbeitsunfähig zu werden als Kinder aus ökonomisch starken Familien. „Ich erwarte vom Finanzminister mehr Weitsicht“, so Weber. Die Ampelkoalition habe die Kindergrundsicherung als ihr größtes sozialpolitisches Projekt angekündigt. „Nun muss sie liefern.“