Öffentlicher Dienst unter Druck: Warum Einsparungen der falsche Weg sind

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Im TV-Duell zwischen den Kanzlerkandidaten wurde intensiv über die Finanzierung der Verteidigungsausgaben und die Entwicklung des Verteidigungsetats diskutiert. Moderatorin Sandra Maischberger stellte die zentrale Frage, wie hoch der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt sein sollte und woher das notwendige Geld kommen solle.

Merz erklärte daraufhin ab Minute 4:49, dass Prioritäten im Haushalt neu gesetzt werden müssten. Insbesondere führte er an, dass es notwendig sei, den Subventionsabbau voranzutreiben und die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu überprüfen. Merz behauptete, dass unter der aktuellen Regierung vor allem die Zahl der öffentlich Bediensteten gewachsen sei, insbesondere in der Bundesregierung selbst.

Faktencheck: Ist die Zahl der öffentlich Bediensteten stark gestiegen?

Ein Faktencheck des ZDF zeigt, dass die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst tatsächlich gestiegen ist – jedoch nicht so, wie Merz es suggeriert. Die Zahl der Beschäftigten wuchs zwischen 2021 und Mitte 2023 von 5,1 Millionen auf 5,3 Millionen. Dieser Anstieg fand jedoch überwiegend auf kommunaler Ebene statt, insbesondere in den Ausländerbehörden, die durch die gestiegene Zahl von Geflüchteten vor großen Herausforderungen stehen.

Auf Bundesebene hingegen blieben die Zahlen mit rund 521.000 bis 523.000 Beschäftigten nahezu konstant. Die stärksten Zuwächse gab es also nicht in der Bundesregierung, sondern in den Bereichen, die von aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen besonders betroffen sind.

Zudem zeigt eine Analyse der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), dass Deutschland mit einer Quote von 11,1 % Staatsbediensteten (bezogen auf die Gesamtbeschäftigten) deutlich unter dem Durchschnitt von 18,6 % liegt. Deutschland hat also vergleichsweise weniger Personal im öffentlichen Dienst.

Analyse: Steigende Beschäftigtenzahlen und dennoch Personalmangel

Es erscheint auf den ersten Blick paradox, dass einerseits die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst steigt, gleichzeitig aber in vielen Bereichen ein akuter Personalmangel herrscht. Doch dies lässt sich erklären:

1. Erhöhter Bedarf durch neue Herausforderungen

  • Der Ukraine-Krieg führte zu einer verstärkten Zuwanderung, wodurch die Arbeit in Ausländerbehörden deutlich zunahm.
  • In der inneren Sicherheit gibt es vermehrte Herausforderungen durch Kriminalitätsschwerpunkte.
  • Die Nachfrage nach frühkindlicher Betreuung ist durch das Recht auf U3-Betreuung gewachsen.
  • Im Schulbereich steigt der Personalbedarf unter anderem aufgrund von Migration und der Notwendigkeit, Unterrichtsausfall zu reduzieren.

2. Der Bedarf wächst schneller als die Einstellungen

  • Obwohl neue Stellen geschaffen werden, können diese nicht ausreichend besetzt werden, da qualifizierte Fachkräfte fehlen.
  • Die bürokratischen Prozesse im öffentlichen Dienst erschweren eine schnelle Rekrutierung neuer Beschäftigter.
  • Künstliche Intelligenz und Digitalisierung könnten zwar langfristig Entlastung bringen, werden aber aktuell durch starre Verwaltungsstrukturen gehemmt.

3. Zukünftige Verschärfung durch den demografischen Wandel

  • Viele Beschäftigte und Beamt*innen werden in den kommenden Jahren in Rente oder Pension gehen.
  • Die dringend benötigte Fachexpertise geht verloren, wenn nicht frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um Nachfolger*innen zu gewinnen und auszubilden.

Fazit: Einsparungen im öffentlichen Dienst sind der falsche Ansatz

Die Aussage, dass man Einsparpotenziale beim öffentlichen Dienst nutzen müsse, ist falsch und irreführend. Zwar liegen sicherlich Möglichkeiten in der Bürokratie-Verschlankung und im Abbau von Symbolpolitik, aber ein pauschaler Stellenabbau würde die bestehenden Probleme nur verschärfen. Vielmehr braucht es gezielte Investitionen, um den öffentlichen Dienst zukunftsfähig zu machen und ihn auf die steigenden Anforderungen der Gesellschaft vorzubereiten.

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