Für viele junge Menschen beginnt in diesen Wochen ein neuer Lebensabschnitt: Der Start in die Berufsausbildung. Doch der Zugang dazu ist alles andere als selbstverständlich. Aktuelle Zahlen der Agentur für Arbeit in der Stadt Hagen zeigen: Trotz vieler Bewerbungen bleiben hunderte Ausbildungsplätze unbesetzt – insbesondere in Hagen schrumpft das Angebot. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert deshalb: Arbeitgeber und Politik müssen endlich handeln.
Hagen: Ausbildungsplätze rückläufig
Im Juni 2025 meldeten Betriebe in Hagen 1208 Ausbildungsplätze – ein Rückgang um 14% bzw. 202 Plätze im Vergleich zum Vorjahr.
Gleichzeitig stieg die Anzahl an Bewerberinnen und Bewerbern um 13% auf 1.661 Personen.
Während die unversorgten Bewerber immer mehr werden (+17% auf 685), bleiben auf der anderen Seite
Trotz steigender Bewerbungen bleiben viele Stellen leer. Das zeigt: Das Problem ist nicht die unwillige Jugend – sondern ein System, das an ihnen vorbeiplant. Es gibt keine einfache „Nachfragelücke“, sondern ein massives Passungsproblem auf dem Ausbildungsmarkt.
Warum finden Angebot und Nachfrage nicht zusammen?
- Ausbildungsplätze kommen unter die Räder: Bei durchwachsener Auftragslage kann der Abbau von Ausbildungsplätzen zu den ersten Maßnahmen zur Kosteneinsparung gehören.
- Überhöhte Erwartungen: Betriebe suchen oft „perfekte“ Bewerberinnen und Bewerber - statt jungen Menschen Entwicklungschancen zu geben.
- Wenig Bereitschaft zur Förderung: Jugendliche mit schlechterem Abschluss oder Sprachbarrieren werden oft vorschnell aussortiert. Auch schlechte Rahmenbedingungen und fehlende Perspektiven schrecken Jugendliche ab.
- Berufsorientierung fehlt: Ohne frühzeitige und realistische Orientierung verlaufen Bewerbungen ins Leere.
Sebastian Cramer (Jugendbildungsreferent DGB Ruhr-Mark):
„Was wir brauchen, sind Arbeitgeber, die wirklich ausbilden wollen – und keine, die fertige Fachkräfte direkt aus der Schule erwarten. Natürlich sehen wir, dass sich die Ausgangsvoraussetzungen vieler Jugendlicher in den letzten Jahren verändert haben. Aber gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel von morgen müssen wir jungen Menschen eine Chance geben – auch wenn sie nicht zu 100 % auf die Stellenanforderungen passen.“
Das fordert der DGB:
1. Gesetzliche Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen
2. Verbindliche Ausbildungsquoten und solidarische Umlagefinanzierung
3. Qualitative Standards sichern – mit Ausbildungskonzepten, Anleitung und Mitbestimmung
4. Stärkere Berufsorientierung und passgenaue Vermittlung
5. Förderung überbetrieblicher Ausbildung in strukturschwachen Regionen
Gewerkschaften – starke Partner vor Ort
Die Gewerkschaften im DGB sind die direkten Ansprechpartner für Auszubildende. Sie bieten:
- Tarifverträge mit gerechter Ausbildungsvergütung durch Verhandlung mit Arbeitgebern
- Rechtsberatung und Rechtsschutz bei Konflikten im Betrieb
- Unterstützung bei Übernahme, Prüfungen und JAV-Arbeit
- Seminare, Netzwerke und persönliche Begleitung
- Solidarität bei Diskriminierung, Krisen oder Fragen zum Leben neben der Ausbildung
Statement von Adrian Joseph, Vorsitzender DGB Hagen:
„Die Gewerkschaften sind starke Partner und verlässliche Unterstützer für Auszubildende – mit Beratung, Schutz und Engagement, wenn es darauf ankommt. Als Sozialpartner gestalten wir Ausbildung gemeinsam mit den Betrieben – fair, sicher und zukunftsfähig. Dazu gehört es auch, die Betriebe immer wieder an ihre Verantwortung zu erinnern. Bei jetzt schon 13.000 Arbeitslosen in Hagen ist ein weiterer Abbau von Ausbildungsplätzen eine denkbar schlechte Perspektive für die junge Generation.“
Fazit: Verantwortung übernehmen
„Wer heute nicht ausbildet, wird morgen keine Fachkräfte haben. Und wer nur Idealbewerberinnen sucht, vergibt Chancen. Es braucht jetzt einen Kurswechsel: Mehr Offenheit, mehr Verantwortung – und echte Chancen für alle jungen Menschen.“, so Adrian Joseph abschließend.