DGB ist besorgt um die finanzielle Ausstattung der Jobcenter in der Region und fordert den Bundesgesetzgeber auf, die Jobcenter für die zusätzlichen und neu-en Aufgaben mit entsprechend zusätzlichen Mitteln auszustatten

Datum

Ordnungsnummer PM 016

Doch dies ist nur ein Aufgabenbereich, der die Jobcenter in diesem und im nächsten Jahr vor große Herausforderungen stellt: seit dem 1. Juni dieses Jahres sind die Jobcenter auch für die Betreuung der Ukraine-Flüchtlinge zuständig. Die quantitative Entwicklung ist hier sehr schwankend und dadurch personell in den Jobcentern ausgesprochen schwierig zu bewältigen. Parallel findet auch nach wie vor die Integration und Betreuung geflüchteter Menschen aus anderen Ländern durch die Jobcenter statt. Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist zudem der Ruf aus der Wirtschaft nach zusätzlicher Arbeitsmigration deutlich formuliert. Erste Auswirkung darauf ist das angekündigte Chancen-Aufenthaltsrecht für das Jahr 2023 mit weiteren rund 30.000 Leistungsberechtigten in der Grundsicherung (SGB II), die bislang Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (durch die Kommunen) bezogen haben. Eine weitere Unbekannte ist der personelle, zeitliche und finanzielle Aufwand durch das neue WohngeldPlus-Gesetz. Die Zahl der Anspruchsberechtigten wird sich mehr als verdoppeln. Bei den eigentlich zuständigen Kommunen werden Wartezeiten bei der Bearbeitung der Wohngeldanträge von bis zu einem Jahr prognostiziert. Ersatzweise dürften hier von vielen Anspruchsberechtigten die Jobcenter in Anspruch genommen werden. Der zu erwartende Aufwand ist kaum zu beziffern aber unvermeidlich.

Umso unverständlicher sind die Verschlechterungen bei der finanziellen Ausstattung der Jobcenter. Flächendeckend müssen die Jobcenter als auch die Optionskommunen (JobCom Düren) Leistungskürzungen durch den Bund hinnehmen. Zwar hat der Aufschrei in den Jobcentern und Kommunen dazu geführt, dass die ursprünglich vorgesehenen Kürzungen nun weniger drastisch vorgenommen wurden, aber dennoch verbleibt am Ende weniger Geld für die Eingliederungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt als auch für die personelle Ausstattung der Jobcenter. Und dies bei gleichzeitig steigenden Anforderungen und Erwartungen (!).

Für das Jobcenter der Städteregion Aachen steht im kommenden Jahr eine Reduzierung des Gesamtbudgets von 3.860.337 Mio. € ins Haus. Das entspricht einer Reduzierung um 4,1 % gegenüber dem Vorjahr. Und das bei einer Zunahme der Aufgaben und bei deutlichen Kostensteigerungen.

Auch bei der JobCom in Düren sind die Kürzungen erheblich: hier wird es mindestens
1,6 Mio € weniger für die Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt geben. Das entspricht einer Kürzung von 8% gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig wird es durch Kostensteigerungen im Verwaltungshaushalt (Miete, Personal, Energie) zu einer Umschichtung aus dem Eingliederungstitel (EGT) kommen, um die steigenden Verwaltungskosten zu decken. Durch diesen erlaubten Griff in den EGT sowie den anderen zusätzlichen Ausgaben werden der JobCom Düren im kommenden Jahr rein rechnerisch rd. 15 % weniger Eingliederungsmittel pro erwerbsfähiger leistungsberechtigter Person zur Verfügung stehen als in diesem Jahr.

Auch in den Jobcentern Heinsberg und Euskirchen werden die Mittel durch den Bund gekürzt. Im Jobcenter für den Kreis Heinsberg beträgt die Kürzung der Zuweisung durch den Bund rund 1 Mio € (-3,7%). Durch den bereits beschriebenen Mechanismus zur Deckung des Verwaltungsbudgets werden dem Eingliederungstitel aber weitere 3,08 Mio € (!) entzogen. Im Ergebnis stehen im Kreis Heinsberg für die Integration von Langzeitarbeitslosen im nächsten Jahr 16,3% weniger Finanzmittel zur Verfügung als in 2022. In Euskirchen belaufen sich die Kürzungen in dem für die Arbeitsmarktintegration zentralen Eingliederungstitel (EGT) auf 756.000 €. Die Umschichtung aus dem EGT in den Verwaltungsetat beträgt 40%.

Mit der Möglichkeit für die örtlichen Jobcenter, aus der Globalzuweisung des Bundes den Verwaltungshaushalt aus den Mitteln für die Arbeitsmarktintegration ausgleichen zu können, versucht der Gesetzgeber sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen. Die Jobcenter müssen personell und strukturell so aufgestellt und finanziell ausgestattet werden, die stetig steigenden und sich laufend ändernden Aufgaben erledigen zu können. Stattdessen werden sie letztlich gezwungen in die eigene Tasche des Eingliederungsbudgets zu greifen, um den Laden überhaupt am Laufen zu halten.

„Der Gesetzgeber verbessert durch die Einführung des Bürgergeldes eigentlich die Situation der Langzeitarbeitslosen. Auch die Stärkung von Anreizen für Qualifizierung und die Stärkung der Vermittlung in reguläre Beschäftigung gehen in die richtige Richtung. Zudem hat der Bundesgesetzgeber die Instrumente für den sozialen Arbeitsmarkt entfristet und damit die Grundlage für einen dauerhaften regulären sozialen Arbeitsmarkt geschaffen. Doch die ganzen arbeitsmarktpolitisch sinnvollen Maßnahmen werden konterkariert durch die gleichzeitig beschlossenen Kürzungen durch den Bundesgesetzgeber bei den Mitteln für die Jobcenter,“ beklagt Ralf Woelk, Geschäftsführer des DGB in der Region und Vorsitzender des Beirats im Jobcenter der Städteregion Aachen. „Es ist absehbar, dass die hohen Erwartungen, die von der Politik aber auch von den Kundinnen und Kunden in die Jobcenter bei der Umsetzung der alten und neuen Aufgaben gesetzt werden, bei gleichzeitig sich verschlechternden Rahmenbedingungen kaum erfüllt werden können. Daher darf der ‚Brandbrief‘ des Bundesnetzwerkes der Jobcenter (1) nicht ohne Folgen bleiben. Der Bund ist in der Pflicht, für eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Jobcenter zu sorgen,“ adressiert Ralf Woelk an die Abgeordneten der Region.

Der DGB ist Mitglied in den örtlichen Beiräten der Jobcenter. Bei Rückfragen können Sie sich an die folgenden Kolleg*innen des DGB wenden, die uns in den aufgeführten Jobcentern vertreten:

Ralf Woelk (Jobcenter Städteregion Aachen): 0171 8658352
Ann-Katrin Steibert (Job-Com Kreis Düren): 0151 55752034
Thomas Hartmann (Jobcenter der Kreise Heinsberg und Euskirchen): 0160 91691197

(1) Der Brief des Bundesnetzwerkes der Jobcenter vom 2. Dezember 2022 liegt uns vor und wird Ihnen bei Interesse gerne zugesandt.

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