Witich Roßmann, Vorsitzender des DGB in Köln: „Wir haben in den vergangenen Wochen den Koalitionsvertrag der neuen Ratsmehrheit sehr gründlich analysiert und debattiert, um einen Überblick zu erhalten, welche konkreten Veränderungen auf die Stadt und ihre Menschen zukommen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Es werden zwar die zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre benannt. Wenn es aber um Details und konkrete Maßnahmen geht, dann liest man mehr über eine tierschutzkonforme Kontrolle der Taubenpopulation als über die Frage, wie in Köln schneller geplant und gebaut werden soll. Die gewählte Mischung aus Leitbildern und unsortierten Detailpunkten führt nicht zu der notwendigen Klarheit über die künftige Politik in Köln. Damit wird es den drei Parteien kaum gelingen, eine breite gesellschaftliche Unterstützung für die notwendigen Veränderungen in den Bereichen Klima, Energie und Mobilität zu organisieren. Im Gegenteil: Das Papier bietet Anlass zu vielfältigen Spekulationen. Die im Koalitionspapier definierte Mobilitätspolitik ist das Gegenteil einer sozial gerechten Klimapolitik sondern befördert soziale Verwerfungen. Hier müssen die Koalitionsparteien nachsteuern!“
Nachsteuern müssen die Koalitionsparteien nach Auffassung der Kölner Gewerkschaften auch in den Bereichen Arbeit und Wirtschaftspolitik: Das Koalitionspapier verorte zukunftsfähige und sinnstiftende Arbeitsplätze nur in der „nachhaltigen Modebranche“ und im Dienstleistungssektor. Industrielle Wertschöpfung in Zukunftsbereichen wie Speicher- und Antriebstechnologien, Kommunikations- und Medizintechnik fehlen gänzlich. „Die Bedeutung der Industrie und ihrer Produkte für den ökologischen Umbau der Gesellschaft findet sich in dem Koalitionspapier nicht wieder. Dabei ist doch klar: Ohne Industrie gibt es keine Windräder, keine Photovoltaik, keine Stromleitungen, keine Datenleitungen, keine Energiespeicher, keine Busse mit alternativen Antrieben, keine Fahrräder, keine neuen Radwege und keine Dämmstoffe, um den Energieverbrauch von Wohnungen zu senken.“
Nachbesserungsbedarf sieht der DGB auch bei der Neuausrichtung von Beschaffung und Vergabe. Jörg Mährle, Geschäftsführer des DGB Köln-Bonn: „Wir finden es gut, wenn Köln bei der Beschaffung und Vergabe viel stärker auf Umwelt und Nachhaltigkeit achtet. Die öffentliche Hand muss mit gutem Beispiel vorangehen und Vorbild sein. Die Koalitionspartner müssen aber im gleichen Zug dafür sorgen, dass soziale Kriterien – besonders bei den Entgelten und Arbeitsbedingungen – eine deutlich größere Rolle spielen.“
Skeptisch sieht der DGB die Einrichtung eines eigenen Klimadezernats. Klimaschutz sei vielmehr eine Querschnittaufgabe. Witich Roßmann: „Maßgebliche klimapolitische Weichenstellungen finden in den Bereichen Wohnen, Gebäudewirtschaft, Stadtentwicklung und Verkehr statt, die aber anderen Dezernaten zugeordnet sind. Damit ist das neue Klimadezernat ein zahnloser Tiger, dem zentrale Entscheidungskompetenzen fehlen.“