UmSteuern kommunal - Mit soliden Finanzen zu starken Kommunen
Wir leben in einem reichen Land: Hier leben so viele Millionäre und Milliardäre wie noch nie, der Staatshaushalt ist größer als je zuvor. Doch unsere Städte und Gemeinden können die dringendsten Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht mehr finanzieren: Kitas und Schulen verfallen, Krankenhäuser werden geschlossen oder abgestoßen. Straßen und Brücken sind marode, der öffentliche Nahverkehr stagniert und es fehlt an finanzierbarem Wohnraum.
Sei es die Finanzierung von Jugendhäusern, Fraueninitiativen, Organisationen zur Unterstützung von Migrant*innen oder kulturellen Einrichtungen – alles, was über die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben hinaus geht und das Leben in der Kommune lebenswert macht, wird gestrichen. Dieser Zerfall der öffentlichen Infrastruktur und unzureichende staatliche Leistungen werden von vielen Menschen als Versagen des politischen Systems wahrgenommen. Das ist ein Grund für das Erstarken der AfD.
Der große Reichtum unseres Landes darf nicht nur in den Taschen einiger weniger verschwinden, sondern muss allen zugutekommen. Würden die Reichen wieder mehr besteuert, gäbe es eine Vermögenssteuer und eine gerechte Erbschaftssteuer, wäre auch mehr Geld für die Aufgaben der Gemeinden da. Die Kommunen brauchen mehr, weil sie die Lebensbedingungen der Menschen gestalten können. Bei ihnen ist das Geld näher dran an den Bürgerinnen und Bürgern, das stärkt die Demokratie. Umsteuern ist nötig und möglich, um die Kommunen vor einem Kollaps zu bewahren und um das Vertrauen in den Staat und die Politik wiederherzustellen.
Wie können die Kommunen gestärkt werden? Wie kann eine Umverteilung zugunsten der Kommunen aussehen, die zu mehr Lebensqualität und mehr Steuergerechtigkeit führt? Darüber wollen wir mit Betroffenen sprechen.
Die Tagung wird ausgerichtet von der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW, dem DGB Köln, attac und dem Kommunalpolitisches Forum NRW.
Diana Ertel, Fraktionsvorsitzende Die Linke im Rat der Stadt Wuppertal, und Judith Gövert, Regionsgeschäftsführerin DGB Köln, führen durch die Veranstaltung.
Begrüßung
Mit Eingangsstatements von: Jörg Detjen, Kölner Kommunalpolitiker Die Linke, Karl-Martin Hentschel, Attac, Jonas Becker, DGB, und Christoph Trautvetter, Netzwerk Steuergerechtigkeit
Keynotes
- Dr. Robin Korte, MdL Bündnis 90/Die Grünen, Sprecher für Kommunalpolitik der Grünen Landtagsfraktion:
Forderungen für die Zukunftsfähigkeit der Kommunen - Dr. Ernst Wolowicz, SPD, ehemaliger Kämmerer der Stadt München:
Kommunale Haushaltslagen - Karl-Marin Hentschel, Attac:
Modelle zur Reorganisierung kommunaler Finanzen - Jonas Becker, DGB:
Kommunale Investitionen: Zur Verwendung des Sondervermögens - Christoph Trautvetter, Netzwerk Steuergerechtigkeit:
Gerechtigkeitslücken schließen
Mittagspause (Selbstversorgung) mit Pressegespräch
Fachpolitische Foren
Forum 1 ❘ Finanzierung der Kommunen – Alternativen
Kommunen müssen ihre bisherigen Aufgaben eigenständiger gestalten und finanzieren können. Sie könnten aber auch ganzheitliche Aufgaben zusätzlich bekommen. Modelle für Aufgabenverlagerung und Finanzierung werden zur Diskussion gestellt.
Inputs: Karl-Martin Hentschel, Attac, und Kai Beutler, AKU
Forum 2 ❘ Schule und Bildung
mit Karl-Heinz Heinemann, Kai Eicker Wolf, Martin Süsterhenn und Heiner Kockerbeck, Mitglied des Kölner Stadtrates
Schulgebäude verfallen, Toiletten sind unbenutzbar, und nun müssen die Schulen noch den Ganztagsbetrieb stemmen. In den Kitas müssen Plätze für alle Kinder angeboten werden. Das ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern dringend notwendig, um allen Kindern eine erfolgreiche Schullaufbahn und damit einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Nicht nur an den Finanzen hapert es. Für die Gebäude ist die Kommune zuständig, für den Schulbetrieb und das Personal das Land, für die Ganztagsbetreuung wieder die Kommune. Für die Digitalisierung sollen die Kommunen Geräte und Infrastruktur bereitstellen, aber was damit gemacht wird, bestimmt das Land.
Die Gebäude sind die «dritten Pädagogen», heißt es. Für die nötige Ausstattung brauchen die Kommunen Geld und Kompetenzen. Darüber werden in diesem Forum Expertinnen, Praktikerinnen und Politikerinnen diskutieren.
Forum 3 ❘ Kommunale Wohnpolitik
mit Dr. Salvador Oberhaus, Rosa-Luxemburg-Stiftung und Stadtverordneter in Wuppertal, Dr. Kristin Kaufmann, Bau-Bürgermeisterin in Dresden und Prof. Dr. Bernd Belina, Humangeograf
Wollen Kommunen bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen, können verschiedene Wege zu Ziel führen. Die Hindernisse aber sind häufig dieselben. Es fehlt vielen Kommunen unter anderem bezahlbarer Baugrund und eine handlungsfähige kommunale Wohnungsbaugesellschaft. Wir wollen hierzu mit Prof. Dr. Bernd Belina und Dr. Kris Kaufmann ins Gespräch kommen.
Bernd Belina ist Prof. em. am Institut für Humangeographie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Dr. Kris Kaufmann ist Bürgermeisterin der Stadt Dresden, Beigeordnete für den Geschäftsbereich Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen.
Bodenpolitik zwischen globalem Zinsniveau und lokalen Kämpfen: Boden ist die Grundlagen von allem, was in Stadt und Land passiert – und in den letzten Jahrzehnten zu einem Spekulationsobjekt neben anderen geworden. Bezahlbarer Wohnraum, soziale Infrastrukturen und Alternativkultur scheitern häufig an explodierenden Bodenpreisen. Stattdessen verändert Gentrifizierung ganze Stadtteile und Städte. Es wird in die Politische Ökonomie des Bodens eingeführt, und es werden aktuelle Möglichkeiten diskutiert, wie Kommunen aktiv gegen den Trend agieren können.
Erfahrungen beim Aufbau kommunaler Wohnungsgesellschaften am Beispiel der WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG: «Wohnen in Dresden». Dies ist nicht nur ein Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger, die nach Sachsen ziehen und eine neue wie auch leistbare Wohnung suchen, es ist auch der Name der im Jahr 2017 neu gegründeten Dresdner Wohnungsbaugesellschaft. Die Neugründung war ein erster kleiner Schritt, um den wohnungspolitischen Fehler aus dem Jahr 2006 zu korrigieren und dem seit 2013 angespannten Wohnungsmarkt als Kommune aktive etwas entgegensetzen zu können. Es wird Einblicke in den Gründungsprozess unter Berücksichtigung der damals vorherrschenden Rahmenbedingungen geben und aufzeigt, wie nah Wunsch und Wirklichkeit im Zusammenspiel zwischen einer stabilen Förderkulisse mit den volatilen Parametern im Bereich des Wohnungsneubaus und den vorherrschenden Finanzierungsbedingungen beieinanderliegen können.
Forum 4 ❘ Sozial-ökologische Transformation: Kommunale Wärmewende und Mobilität
mit Rainer Nickel, Vorstandsmitglied Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW, Dr. Günther Bell, Mitglied des Kölner Stadtrates, Dr. Fabian Fahl, MdB
Das Forum versucht an ausgewählten Beispielen Aspekte der Transformation kommunaler Unternehmen im Energie- und Mobilitätssektor zu beleuchten. Dies geschieht nicht unter frei gewählten Bedingungen, sondern unter dem Druck von Finanz- und Klimakrise. Diese verschärften Bedingungen drohen eine Handlungsunfähigkeit zu bewirken, in einer Zeit, in der schnelles und zukunftsorientiertes Handeln nötig wäre.