DGB NRW: Tarifbindung im Sinkflug – Die Menschen brauchen Perspektiven: Tariftreuegesetz jetzt!

Datum

Nur 51 Prozent der Beschäftigten in NRW werden nach Tarif entlohnt, 1996 waren das noch 82 Prozent. Auch im Vergleich zu den anderen Bundesländern sackt Nordrhein-Westfalen deutlich ab. 2022 noch auf Platz eins bei der Tarifbindung, liegt NRW inzwischen nur noch auf Platz sechs. Das hat konkrete Auswirkungen für die Beschäftigten, beispielsweise beim Gehalt: In Nordrhein-Westfalen beträgt der unbereinigte Einkommensrückstand 20 Prozent. Selbst wenn man betriebliche Unterschiede wie Branchenzugehörigkeit, Betriebsgröße und Qualifikationsstruktur der Mitarbeitenden berücksichtigt, erhalten Arbeitnehmer*innen in tariflosen Unternehmen im Durchschnitt 8,5 Prozent weniger Lohn. Auch die Arbeitszeiten variieren stark: In NRW arbeiten Beschäftigte ohne Tarifvertrag im Schnitt 39,4 Stunden pro Woche, fast eine Stunde mehr als tarifgebundene Arbeitnehmer*innen.

„Personalabbau, Kurzarbeit oder Betriebsstilllegungen – die Sorgen der Menschen vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind groß“, betont Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW. „In diesen unsicheren Zeiten brauchen Arbeitnehmer*innen Sicherheit und neue Perspektiven. Ein wichtiger Schlüssel dafür sind gute Arbeitsbedingungen – und die gibt es mit Tarifverträgen. Damit haben die Menschen mehr Geld in der Tasche, arbeiten kürzer und bekommen mehr Sicherheit. Jedoch sinkt die Tarifbindung immer weiter – das ist ein fatales Signal. Ministerpräsident Wüst hat vor knapp einem Jahr ein Tariftreuegesetz versprochen und wir wissen, dass die Landesregierung daran arbeitet. Jetzt muss es auch Realität werden. Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die tarifgebunden sind. Entscheidend für die Wirkungskraft des Gesetzes ist, dass die Regelung auch für Kommunen gelten, denn über sie laufen rund zwei Drittel aller öffentlichen Aufträge in NRW. Natürlich braucht es auch funktionierende Sanktionen und Kontrollmechanismen.“

Prof. Thorsten Schulten (WSI) macht deutlich: „Gerade Nordrhein-Westfalen braucht dringend ein umfassendes Tariftreuegesetz, das die bisherige Benachteiligung von Unternehmen mit Tarifvertrag bei öffentlichen Aufträgen aufhebt und faire Wettbewerbsbedingungen schafft. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2023 mehr als 13 Milliarden Euro für öffentliche Aufträge und Konzessionen ausgegeben. Damit verfügt die öffentliche Hand in NRW über eine erhebliche Marktmacht, die sie zur Stärkung der Tarifbindung einsetzen kann. Neben der öffentlichen Auftragsvergabe ist es notwendig, auch die regionale Wirtschaftsförderung in den Blick zu nehmen und generell öffentliche Investitionen an die Einhaltung von Tarifstandards zu binden.“

Die Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung mit weiteren Zahlen finden Sie hier.

Hier geht es zum Aufruf von Wissenschaftler*innen Tarifautonomie schafft faire Arbeit, fördert soziale Gerechtigkeit und sichert demokratische Teilhabe!

Präsentation Prof. Thorsten Schulten (PDF, 553 kB)

zurück